Automobilbranche

Autoindustrie: Den Wandel intelligent mitgestalten

21.09.2016 | Die Zukunft ist längst da: Autos werden heute Seite an Seite mit Robotern gebaut, mit alternativen Antrieben ausgestattet, und sie rutschen in der Rangliste der Umweltsünder immer weiter nach unten. Zudem wandelt sich bei den Käufern das Image: Vom Statussymbol zum Nutzfahrzeug.

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Über die Perspektiven der Branche  diskutierten auf der 4. Automobilkonferenz am 20. September in Dresden Betriebsräte der IG Metall, Wissenschaftler und Unternehmensvertreter. Was auffiel: Man hörte sich gegenseitig zu, tauschte Erfahrungen und Meinungen aus und stellte gemeinsame Interessen und Ziele für die Entwicklung von Fachkräften und mehr Beschäftigung heraus, die jenseits der Tarifauseinandersetzungen existieren. Einigkeit herrschte darüber: Die ostdeutsche Autoindustrie ist eine Erfolgsgeschichte, die auf einer über 100jährigen Industrietradition in den Regionen gewachsen ist.

 

Das Fazit der Diskussion der Metaller war zugleich ein Signal für die nächsten Jahre: Wir mischen uns noch stärker ein in die öffentliche Diskussion. Wir fragen präziser nach, wenn es um Brennstoffzelle, Elektro-, Gas- oder Hybridantrieb geht. Was kann die Technik leisten, was erwarten wir von der Politik? Wir stoßen regionale Debatten über die Zukunft des Verkehrs an. Wir machen uns Gedanken, wie gute Arbeit im Jahr 2025 aussehen soll.

 

Die ostdeutschen Automobilstandorte haben wesentlich zur Re-Industrialisierung der Regionen beigetragen, sagte Dr. Antje Blöcker, die mit Heinz-Rudolf Meißner eine <link file:9111 download file>neue Studie zur Arbeitskräftesicherung in der Branche veröffentlicht hat. Die Wissenschaftler haben dazu 71 Expertengespräche geführt - mit insgesamt 103  betrieblichen, gewerkschaftlichen, arbeitsmarkt- und innovationspolitischen Akteuren. Ihre Befunde: Das Besondere an der ostdeutschen Autoindustrie ist nicht ihr Charakter als verlängerte Werkbank der Konzerne, sondern die Rolle der Standorte als Labore  für Neues: Anders als im Westen sind Hersteller und Zulieferer nicht mehr getrennt. Die Betriebe sind reduziert auf Kern-Endmontage, um die sich Zulieferer gruppiert haben, die zum Teil direkt auf den Werkgeländen bis an die Montagebänder operieren. Und diese neuen Strukturen sind integriert in den gesamtdeutschen Automobilsektor, fanden Blöcker und Meißner heraus.

 

Stategische Empfehlungen

Als Strategie für eine aktive Fachkräftesicherung in der Branche empfehlen Blöcker und Meißner einen Sieben-Punkte-Plan, der in den Diskussionen große Zustimmung fand und die Gesprächsrunden der Betriebsräte weitgehend bestimmte:

 

Erstens muss die öffentlich geförderte Automobilforschung mit den Innovationsaktivitäten der Unternehmen stärker verknüpft werden. Zweitens müssen die Standorte und deren Zulieferer ihre Fertigungstiefe ausweiten, indem sie regionale Lieferverflechtungen intensivieren. Drittens müssen die Arbeitsbedingungen auf Westniveau kommen: Also deutliche Erhöhung der Entgelte, Reduzierung der Arbeitszeit und ein Ende der Zersplitterung entlang der Wertschöpfungskette in Belegschaften erster bis fünfter Klasse. Viertens ermutigen die Wissenschaftler die Branche zu einem "Ende der Bescheidenheit bei Investitionen in Aus- und Weiterbildung". Fünftens liegt eine große Chance in der Integration von ZuwanderInnen mit Ausbilungsangeboten speziell für die Zielgruppe der Flüchtlinge und Arbeitsmigranten. Sechstens muss die Strategie "Besser statt billiger" in der ostdeutschen Autoindustrie fest verankert werden. Siebentens geht es um noch mehr Demokratie in den Betrieben, damit die Entwicklung der automobilen Beschäftigung und der Branche insgesamt weiter positiv verläuft. 

 

Weitere Redner lieferten wichtige Argumente: Zu mehr Gelassenheit mit Blick auf die Digitalisierung unter dem Motto "Industrie 4.0" mahnte Prof. Dr. Nils Kroemer (Siemens Chemnitz), der auch Präsident des Verbands der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie ist. Anspruch und Wirklichkeit lägen hier noch weit auseinander, was der Komplexität des gesamten Prozesses geschuldet sei. Gleichwohl gelte es, künftigen Generationen von Arbeitnehmern vor diesem Hintergrund neue Perspektiven zu eröffnen. "Ohne Menschen wird es niemals funktionieren", sagte Kroemer. Frank Iwer vom IG Metall-Vorstand warnte davor,  die Autoindustrie mit allzu ehrgeizigen neuen Umweltnormen zu überfordern. "Im Ergebnis des Diesel-Abgas-Problems bei VW und anderen Herstellern muss die Branche ihre Glaubwürdigkeit wiederherstellen", so Iwer. Die Politik müsse neue anspruchsvolle Grenzwerte mit einer Folgenabschätzung für die Arbeitsplätze und die Gesellschaft verbinden, forderte er. Zugleich gelte es, die Proramme der Hersteller für mehr Effizienz der Motoren und für neue Antriebe im Sinne einer Verkehrswende deutlich voranzutreiben.

 

 

 

 

 

Von: md

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