6. Betriebsrätekonferenz in Brandenburg

Brandenburger Betriebsräte: "Steuermittel nur an Unternehmen mit Tarifbindung"

19.11.2016 | "Steuermittel nur an Unternehmen mit Tarifbindung" war eine der Forderungen an die Landespolitik auf der 6. Brandenburger Betriebsrätekonferenz. 150 Betriebsrätinnen und Betriebsräte aus allen Branchen und Regionen diskutierten über Arbeitsbedingungen und Mitbestimmung und wollten dabei auch die Brandenburgische Landesregierung nicht aus der Pflicht lassen.

Betriebsrätin des BSH Hausgerätewerks Nauen in der Diskussion. Foto: ILB

Eingeladen hatten Ministerpräsident Dietmar Woidke, Arbeitsministerin Diana Golze und die Vorsitzende des DGB Bezirk Berlin-Brandenburg, Doro Zinke. In seiner Rede forderte der stellvertretende DGB-Bezirksvorsitzende Christian Hoßbach eine deutliche Erhöhung der Tarifbindung, die bisher nur die Hälfte der Beschäftigten im Land gelte.


Von den steinigen Wegen in die Tarifbindung, erstmalig oder nach Tarifflucht des Unternehmens, berichteten in einer Podiumsdikussion etwa Andrea Ogiermann von Real in Wildau und Andreas Kokolsky von der Beeskower Holzwerkstoffe GmbH. Diese war praktisch über Nacht aus der Tarifbindung ausgestiegen. Mit der Solidarität aller Standorte in Ost und West erkämpfte die Belegschaft die Rückkehr in den Tarifvertrag. Daneben gab es viele weitere eindringliche Berichte aus der Betriebsratsarbeit aus dem Publikum. Arbeitszeitgestaltung und Arbeitsverdichtung waren dabei ein prägendes Thema.


"Wenn ich Flexibilität höre, ist das nichts anderes als moderne Leibeigenschaft", sagte ein Betriebsrat von Tropical Islands. "Mitarbeiter werden im Schichtbetrieb aufgerieben und dann wird in BEM-Gesprächen nach der Ursache für die Krankheit gefragt", kritisierte Betriebsrätin Katrin Grösch vom BSH Hausgerätewerk Nauen. Gegen die weitere Deregulierung der Sonntagsarbeit in Brandenburg protestierte ver.di. "Sonntagsarbeit schafft keine neuen Jobs", sagte Landesbezirksleiterin Susanne Stumpenhusen. Bei Arbeitsministerin Diana Golze rannte sie offene Türen ein: "Frühlingserwachen und Herbstzauber sind Thema für Schaufensterdekorationen, aber nicht für eine Sonntagsöffnung", bestätigte Golze die ausufernde Nutzung von Öffnungsmöglichkeiten durch Kommunen.


Konsens war, dass Wirtschaftsförderung konsequent eingesetzt werden solle, um gute Arbeit zu fördern. Beispiele für Betriebe, die in Brandenburg Fördermittel abgerufen und sich aus dem Tarif gestohlen oder Stellen gestrichen hatten, gab es bei der Publikumsdiskussion und in den Pausengesprächen zuhauf. "Steuermittel nur an Unternehmen mit Tarifbindung", forderte Nele Heß von der IG Metall auch für die Vergabepolitik. Aus einem Rohrleitungsbau-Betrieb wurde berichtet, dass in der Branche fast durchgehend nicht über Bau-Mindestlohn gezahlt werde, auch bei Arbeiten im öffentlichen Auftrag. Auf große Zustimmung stieß die Forderung, dass die Landespolitik bei der kommenden Betriebsrätekonferenz konkrete Fortschritte darlegen solle.

Neben Strategien von Unternehmen, Tarifbindung auszuhebeln und das Streikrecht ins Leere laufen zu lassen, war ein Debattenthema auch das Problem eines vielfach zu geringen Organisationsgrades. Uwe Ledwig, Regionsgeschäftsführer der NGG Berlin-Brandenburg, zitierte darum mahnend die Internationale: "Uns aus unserem Elend zu erlösen, das können wir nur selber tun!"

Von: dgb

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