Handwerk

Zwischen Zunft und Zukunft

08.11.2016 | Der 4. Berlin-Brandenburger Gesellentag ist inzwischen ein traditionelles Handwerkertreffen des DGB und der Handwerksgesellen. Am 5. November wurde in der Handwerkskammer Cottbus ein ernstes, jedoch zuversichtliches Bild des Handwerks aufgezeigt.

Karsten Drews, Vizepäsident der Handwerkskammer Cottbus

Das zentrale Thema für die Stärkung und künftige Attraktivität des Handwerks war bei allen Rednern, dass die Innungen wieder mehr soziale Verantwortung übernehmen und Tarifverträge abschließen.

 

Karsten Drews, Vizepäsident der gastgebenden Handwerkskammer Cottbus, unterstrich den Wert der gelebten Mitbestimmung im Handwerk. Eine starke Zusammenarbeit zwischen Meistern und Gesellen stärkt die Zukunftsfähigkeit. Diese Tradition muss auch in der Tarifpartnerschaft fortgeführt werden.

 

Peter Dreißg, Präsident der Handwerkskammer Cottbus, erinnerte an eine gemeinsame Resolution der Vollversammlung, die sich klar für eine Tarifbindung aussprach. Seine Sorge galt den Herausforderungen in den nächsten Jahren für 2000 Unternehmen eine Nachfolge zu organsieren. 10.000 Beschäftigte seien davon betroffen.

 

Christian Hoßbach, stellvertretender DGB-Vorsitzender für Berlin-Brnandenburg, stellte in seinem Beitrag die Wirkung der Tarifverträge heraus. Für sehr viele der rund 400.000 Beschäftigten im Handwerk sind Tarifeinkommen keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Vermeintliche Wettbewerbsvorteil, die auf Grund geringer Bezahlung kurzfristig nutzen, rächen sich schon mittelfristig, wenn es um die Suche nach Fachkräften geht oder der Besetzung von Ausbildungsstellen.

 

Ralf Kutzner, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, erinnerte an die Ursprünge der Gewerkschaften, die aus dem Kreis der Handwerksgesellen ihre Anliegen selbst in die Hand nahmen und sich organisierten, um die eigenen Interessen wirksam durchzusetzen. Gerade heute können die notwendigen Veränderunegn im Handwerk nur mit einer soliden Beteiligung der Beschäftigten erfolgreich gestaltet werden. Diese Erkenntnis setzt sich inzwischen auch bei immer mehr Innungen durch. Gemeinsam müssten veränderte und neue Qualifikationen in den Berufsbildern verankern und kurzfristig durch umfassende Weiterbildung der Beschäftigten auf die Herausforderungen reagiert werden.


Kutzner sprach sich für den Erhalt des Meisterprivilegs aus und forderte auf, die Frage zu stellen, was getan werden müsse. "Wie kann das Handwerk neue Fachkräfte in Zukunft für sich gewinnen? Was muss getan werden, um begabte Jugendliche, die aus der Schule kommen oder sich vielleicht neu orientieren möchten, für das Handwerk zu gewinnen?"  

 

Für die Gewerkschaften ist die Antwort klar: Durch gute Arbeitsbedingungen, Tarifbindung mit Flächentarifverträgen, Beteiligungsmöglichkeiten sowie Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten kann sich das Handwerk im Wettbewerb um engagierte Jugendliche mit Potenzial besser behaupten.

 

Aus Sicht der Beschäftigten im Handwerk müsse es fair und gerecht zugehen. Gleichzeitig erwarten die Gesellen und Auszubildenen Sicherheit und wollen nicht bevormundet werden, sondern selbstbestimmt arbeiten. Das schließe eben auch moderne Arbeitsformen und Weiterbildung ein. Innungen oder Meister, die das Arbeiten mit tariflichen Reglungen ablehnten, seien die Totengräber des Handwerks. Sie vernichten Perspektiven und bringen ganze Branchen ins Abseits. Wenn mehr als ein Drittel der Ausgebildeten in die Industrie wechsele habe das Gründe, die im Handwerk geändert werden müssen. Die Tarifverweigerung komme als Bumerang nun als Fachkräftemangel zurück. 81 Prozent der Handwerksbeschäftigten identifizieren sich in hohem Maße mit ihrer Arbeit.  Aber nur 10 Prozent der Handwerksbeschäftigten sind der Meinung, dass sie gute Arbeit haben.

 

Kutzner forderte, die Solo-Selbstständigen verbindlich sozial abzusichern. Oft würden abenteuerliche Dumpingpreise angeboten und am Ende reiche es nicht mal für die Rente, weil nichts einbezahlt wurde. Für alle Veränderungen müsse man gemeinsam die Verantwortung übernehmen. Eine gute Basis ist im Handwerk vorhanden. Es müsse auf gleicher Augenhöhe ausgehandelt werden. Das Tischlerhandwerk, das Metallhandwerk und das Elektrohandwerk haben durch aktuelle Tarifverträge ein gutes Beispiel gegeben.

 

Der Ministerpräsident des Landes Brandenburg, Dietmar Woidke, bekräftigte, sich trotz der aktuell guten Situation im Handwerk nicht zurückzulehnen. Die größte Herausforderung sei die Fachkräftesicherung. Bei der hohen Zahl an offenen Ausbildungsplätzen müssten für die Zukunftsfähigkeit im Handwerk viele offene Fragen beantwortet werden. Die Landesregierung unterstütze Projekte durch die Sozialpartnerrichtline, indem gezielte Maßnahmen gefördert werden. Gleichzeitig stehe die Landesregierung für die Stärkung der Tarifbindung gerade auch im Handwerk. Die Wirtschaftskraft des Handwerks, mit ihren knapp 400.000 Beschäftigten im Land, stehe in der Verantwortung auch für gute und verlässliche Arbeitsbedingungen zu sorgen. 

 

Nach einer anschließenden Diskussionsrunde mit Vizepäsidenten, DGB-Vertreter sowie Meistern, bestand Einigkeit über die Ziele für gute Arbeit im Handwerk. Auf den Weg dahin müssen jedoch noch einige Hindernisse beseitigt werden.  

 

 

Von: bg

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