Autoindustrie und Klimaschutz

Strengere Abgasnormen können eine Chance sein

25.11.2016 | Die Autoindustrie muss sich auf strengere Abgasnormen einstellen. Die IG Metall sorgt sich um die Folgen für die Beschäftigten in der Branche und fordert, dass die Hersteller und Zulieferer offensiv mit den Veränderungen umgehen. Sie sollen den Klimaschutz als Chance nutzen. Dazu stellt die IG Metall fünf Vorschläge zur Diskussion.

Am Montag hat in Marrakesch der Klimagipfel der Vereinten Nationen (UN) angefangen. 2015 hatte sich die Weltgemeinschaft in Paris das Ziel gesetzt, den Anstieg der Erderwärmung auf deutlich unter zwei Prozent zu begrenzen, verglichen mit der Zeit vor der Industrialisierung. Dazu soll vor allem der Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) drastisch sinken. Die politischen Ziele und Vorgaben zur CO2-Reduzierung stellen auch die Autoindustrie vor große Herausforderungen. Denn der Autoverkehr ist einer der Hauptverursacher der CO2-Belastung.
 
Schlechtes Klima

Die Voraussetzungen für Schadstoffminderung im Autoverkehr sind nicht einfach. Denn bisher hat der Verkehr die geringsten Erfolge vorzuweisen. Während die CO2-Emissionen in der Industrie zwischen 1990 und 2014 um über 36 Prozent zurückgingen, produzierten Autos und andere Fahrzeuge nur zwei Prozent weniger Klimagase. Zwar sind die Autos in den letzten Jahrzehnten viel energieeffizienter geworden, aber die Zunahme des Verkehrs macht diese Erfolge wieder zunichte. Und das Image der deutschen Hersteller ist zurzeit weniger durch zukunftsweisende umweltfreundliche Technologien geprägt als durch die Dieselaffäre.

Aber der Strukturwandel wird kommen - und zwar schnell. Die Frage ist, ob er an den Produktionsstandorten in Deutschland und Europa stattfindet und die Arbeitsplätze hier erhält. Aus Sicht der IG Metall hat die Branche immer noch die Chance, mit den besten Umwelttechnologien in und rund ums Auto die Pole-Position im internationalen Wettbewerb zu gewinnen. Dazu macht die IG Metall fünf Vorschläge.

 

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1. Strenge, aber realistische Abgasgrenzwerte

Zurzeit darf die Fahrzeugflotte jedes Herstellers im Durchschnitt nicht mehr als 130 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Dieser Wert wird schon leicht unterschritten. Aber ab 2020 sollen es nur noch 95 Gramm sein und in den folgenden Jahrzehnten soll der Wert Schritt für Schritt weiter sinken. Die Industrie muss bei der Diskussion um weitere CO2-Minderungen ihre defensive Haltung aufgeben, fordert die IG Metall in ihren Vorschlägen. Nur so kann sie in der Öffentlichkeit durch Dieselgate verlorenes Vertrauen zurückgewinnen.

Dabei gibt es Zielkonflikte, die austariert werden müssen: Die Hersteller fürchten, dass sie technologisch überfordert werden könnten. Die IG Metall sorgt sich, dass nicht einhaltbare Grenzwerte Arbeitsplätze gefährden. Und vielen Umweltorganisationen geht der klimafreundliche Umbau der Wirtschaft viel zu langsam. Um Risiken für die Beschäftigten auszuschließen, setzt sie sich dafür ein, die möglichen Folgen abzuklären, bevor neue Grenzwerte festgelegt werden. Sie dürfen zudem nicht mehr am grünen Tisch festgelegt werden, sondern Industrie, Gewerkschaften und Umweltverbände müssen beteiligt werden.

 2. Alternative Antriebe für alle Modelle

Die IG Metall will, dass die Hersteller sich verpflichten, ab 2018 in allen Fahrzeugsegmenten Modelle mit Elektroantrieb anzubieten. Wenn der Strom, mit dem die Batterien geladen werden, aus erneuerbarer Energie stammt, stoßen E-Fahrzeuge null CO2 aus. Sie produzieren auch kein Stickoxid und Feinstaub - Abgase, die die Gesundheit schädigen.

3. Sauberere Motoren, mehr Batterieantrieb

Zwischen 2020 und 2030 sollen die Autohersteller die CO2-Emissionen bei Verbrennungsmotoren in allen Fahrzeugklassen um bis zu 1,5 Prozent pro Jahr senken. Zugleich soll der Anteil der (verkauften) Autos mit Antrieb durch Batterien oder Brennstoffzellen jährlich mindestens um einen Prozentpunkt wachsen. Wenn sich der Markt für Elektrofahrzeuge gut entwickelt, können CO2-Minderungen bei batteriebetriebenen Wagen geringere Reduzierungen bei Verbrennungsmotoren ausgleichen.

4. Diesel für Übergangszeit erhalten

Die IG Metall hält die Dieseltechnologie für eine Übergangszeit für zwingend erforderlich. Weil der Dieselantrieb weniger Kraftstoff verbraucht, ist er klimafreundlicher als der Benzinmotor. Allerdings schlägt die IG Metall vor, die Industrie zu verpflichten, in allen neuen Modellen die beste verfügbare Abgastechnologie einzusetzen. Denn damit lassen sich schon heute die Grenzwerte für Stickoxid einhalten, die ab 2020 gelten. Soweit technisch möglich, sollen Besitzer älterer Dieselautos günstige Angebote erhalten, ihre Fahrzeuge nachzurüsten.

Außerdem plädiert die IG Metall dafür, die blaue Plakette einzuführen. Sie würde Fahrten in ausgewiesenen innerstädtischen Umweltzonen nur noch mit Pkws erlauben, die die Euro 6-Norm erfüllen, das heißt: nicht mehr als 80 Milligramm Stickoxid und 4,5 Milligramm Feinstaub je Kilometer ausstoßen. Für Euro-5-Fahrzeuge muss darum aber eine ausreichende Übergangsfrist gelten.
  
5. Transparente und faire Abgastests

Um das Vertrauen der Kundinnen und Kunden und der Öffentlichkeit nach der Abgasaffäre wiederherzustellen, müssen die Messverfahren, mit denen die Abgase geprüft werden, transparent, korrekt und fair sein. Das neue weltweit einheitliche Testverfahren WLTP, das die Europäische Union (EU) 2017 einführen will, soll zügig umgesetzt werden. Dasselbe gilt für RDE (Real Driving Emissions), das die EU nächstes Jahr zusätzlich einführen will. Es ist ein Messverfahren, das die Abgaswerte nicht auf dem Prüfstand, sondern im Realbetrieb misst. Dabei müssen die Grenzwerte für Stickoxid und Feinstaub jedoch so definiert werden, die die Autoindustrie sie auch einhalten kann.

 

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Von: igm

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