Ausstellung

Griechenland zur Zeit der Militärdiktatur: Solidarität und Widerstand

12.02.2018 | Mit großem Interesse wurde die aktuelle Ausstellung der Friedrich-Ebert-Stiftung mit dem Titel "Solidarität und Widerstand" am 7. Februar im IG Metall-Haus eröffnet. Rund 100 Gäste begleiteten die dargestellte Geschichte der deutsch-griechischen Beziehungen während der griechischen Militärdiktatur 1967 bis 1974.

Olivier Höbel eröffnet die Ausstellung, rechts Dr. Roland Schmidt

Der IG Metall-Bezirksleiter Olivier Höbel begrüßte die Gäste zu dieser Wanderausstellung der Friedrich- Ebert-Stiftung und erinnerte daran dass Menschen am historischen Ausstellungsort vor Jahrzehnten  ähnliche Erfahrungen des Widerstands durchlebt hatten.

Die Erinnerung an den Militärputsch in Griechenland, bei dem die Junta die Demokratie außer Kraft setzte und Gewerkschaften verbot, verband Höbel mit einem Rückblick auf die Geschichte des Hauses der Metallarbeiter und der Gewerkschafter. Nach der Zerschlagung der Gewerkschaften organisierten sich Metallarbeiter in einem Netzwerk im Widerstand gegen das NS-Regime. Auch aus dieser Erfahrung haben sich DGB und IG Metall an die Seite des griechischen Volks gestellt, um gegen die Diktatur anzukämpfen. Menschenverachtende Gruppierungen und Parteien stellten auch heutzutage eine Gefahr für die Menschrechte dar. Deshalb sei gut und wichtig, dass diese Ausstellung „Solidarität und Widerstand“ an eine höchst europäische Demokratiebewegung und Solidarität der Parteien und Gewerkschaften erinnert.

Dr. Roland Schmidt, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Friedrich-Ebert-Stiftung, hob mit seinen Grußworten das freundschaftliche Verhältnis zwischen Deutschen und Griechen als eines der wichtigsten Episoden hervor. Kaum ein anderer Staat hat die Wiederherstellung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Griechenland so stark unterstützt wie die noch junge Bundesrepublik. Mit Rückendeckung deutscher Demokraten konnten Griechen im Exil eine antidiktatorische Opposition artikulieren, wie das im Griechenland der Obristen selbst nicht möglich war. Deutsche Parteien sandten starke Solidaritätsgesten, Gewerkschaften engagierten sich leidenschaftlich und auch politische Stiftungen bemühten sich um die Wiederherstellung der Demokratie an ihrer Wiege.

Die Ausstellung sei in deutsch-griechischer Kooperation vom Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn und dem „Contemporary Social History Archive“ (ASKI) in Athen erarbeitet worden. Das Auswärtige Amt hat das Ausstellungsprojekt mit Mitteln aus dem Deutsch-griechischen Zukunftsfonds unterstützt.

Schmidt erinnerte an den damaligen Außenminister Willy Brandt, der die Militärdiktatur schon früh als Anschlag auf die Prinzipien der demokratischen Wertegemeinschaft bezeichnete. Mit dem Regierungswechsel 1969 entwickelte Brandt – jetzt Bundeskanzler – eine klare Stoßrichtung gegen das Obristenregime. Als die griechischen Machthaber Oppositionelle aus ihrer Heimat ausbürgerten, stellte ihnen Westdeutschland in einer Geste ausdrücklicher Solidarität Fremdenpässe aus. Brandt hatte unter der NS-Herrschaft am eigenen Leibe erlebt, was Verfolgung von Staats wegen bedeutet.

Umgehend nach dem Putsch wurde auf Bundesebene eine Arbeitsgemeinschaft aus Vertretern der Sozialdemokratie, der Gewerkschaften, der Friedrich-Ebert-Stiftung und Vertretern verschiedener griechischer, in Deutschland tätiger Organisationen gegen die Junta aktiv. Die IG Metall mit ihrem Vorsitzenden Otto Brenner an der Spitze bildete einen Aktivposten der gewerkschaftlichen Arbeit gegen die Diktatur. Sie unterstützt die Demokratisierungsbewegung mit beträchtlichen Geldmitteln für Solidaritätsaktionen. Große Protestkundgebungen fanden statt, die Zeitschrift „Metall“ erschien in griechischer Sprache. Herausgehobene Bedeutung hatte das Gespann von Max Diamant, Leiter der Abteilung „Ausländische Arbeitnehmer“ in der IG Metall und einstmals Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, und Elias Hadjiandreou. Diamant lernte den ehemaligen Jurastudenten und Vorsitzenden der Zentrumsunionsjugend in der übergreifenden Arbeitsgemeinschaft gegen die Obristendiktatur kennen und holte ihn an seine Seite.

Die Ausstellung „Solidarität und Widerstand“ befindet sich derzeit auf einer großen Deutschland-Tournee. Nach Stationen in Tübingen, Hannover und München wird sie nach jetziger Planung auch in Hamburg, Aachen, Köln, Nürnberg, Leipzig, Göttingen, Frankfurt am Main, Bamberg, Bielefeld und Erfurt gezeigt. "Diese breite Resonanz und das hohe Interesse an der Ausstellung haben wir so nicht erwartet", freute sich Roland Schmidt.

Der Botschafter der hellenischen Republik in Berlin, Theodoros Daskarolis, erinnerte daran, dass die Obristen-Junta nicht nur das parlamentarische, demokratische Regime gestürzt hatte, welches, selbst mit Verwicklungen und vielen Schwierigkeiten doch immerhin funktionierte, sondern unterbrach brutal einen kulturellen griechischen Frühling, einen frühen, avantgardistischen Vorläufer der ´68er Bewegung, worin die unterprivilegierten Schichten der Bevölkerung und die aufgeklärten Teile des Bürgertums ihre politische Emanzipation, eine Wirtschaftsentwicklung im Gleichgewicht, die Demokratisierung der Gesellschaft und soziale Gerechtigkeit forderten.

 

Nicht wenige der führenden Persönlichkeiten dieser Strömungen, wie z.B. der Maler Alexis Akrithakis, seine verblichene Frau Foffi und der Kunstkritiker Christos Ioakimidis, fanden während der Diktatur Schutz in der Bundesrepublik Deutschland und in West-Berlin.

 

Eine wesentliche Stütze des griechischen Widerstandes sei jedoch die Solidaritätsbewegung gewesen, die sich im Ausland entwickelt und die ihrerseits Druck ausübte und ausländische Regierungen veranlasst hatte, das diktatorische Regime in Griechenland abzulehnen und zu verurteilen.

 

"Die deutsche Solidaritätsbewegung für Griechenland allein der Politik Willy Brandts zuzuschreiben, wäre zu wenig, sie der Gesamtheit Deutschlands zuzuschreiben, wäre zu viel. Lassen Sie sie uns diese Bewegung all den einzelnen Menschen zuschreiben, die in jenen Jahren, jeweils durch persönliche Entscheidungen, die Notwendigkeit empfunden haben, jeder im Maße seiner Möglichkeiten, aber völlig uneigennützig, jenes Mehr oder jenes Wenige zu tun, das in Griechenland als Bewegung oder Empfindung von Solidarität angekommen ist", so der Botschafter.


Der Journalist Georgios Pappas führte sodann in die Ausstellung ein und begrüßte zudem die Zeitzeugen Kostas Papanastasiou und Jannis Vassiliadis, die mit ihren mitreißenden Erlebnissen die Zeit vor, während und nach der Militärdiktur lebhaft schilderten.

Von: bg

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