12.03.2025 | Die Beschäftigten der Früh- und der Spätschicht im Zahnradwerk Pritzwalk haben am 11. März zum dritten Mal in diesem Jahr die Arbeit niedergelegt. Die Beteiligung war noch größer als bei den beiden Warnstreiks zuvor. Vorausgegangen war die mittlerweile achte ergebnislose Verhandlungsrunde über einen neuen Tarifvertrag.
Die Belegschaft im Zahnradwerk ist stinksauer auf ihren Arbeitgeber. Dieser bietet weiterhin nur eine Lohnerhöhung von mickrigen zwei Prozent an und will anstatt über eine faire Entgelterhöhung über ein Prämiensystem verhandeln, das unter anderem an Ausschussquote, Gewinn und Anwesenheitszeiten gekoppelt sein soll. Das lehnen die Beschäftigten geschlossen ab. Sie fordern unmissverständlich eine deutliche Entgelterhöhung für alle.
Wie penetrant der Arbeitgeber konstruktive Verhandlungen über einen neuen Tarifvertrag im Zahnradwerk Pritzwalk blockiert, hat auch Thomas Weber mitbekommen, der in der vergangenen Woche an der jüngsten Verhandlung teilgenommen hat. Weber ist der zuständige Gewerkschaftssekretär für die Tarifpolitik in der Metall- und Elektroindustrie im IG Metall-Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen. Er berichtete den Warnstreikenden vor dem Werktor über seine Eindrücke. „Die Situation ist total verfahren. Dabei ist der Arbeitgeber in der Verantwortung, endlich ein verhandlungsfähiges Angebot vorzulegen“, sagte Weber. Es brauche jetzt eine spürbare, tabellenwirksame Entgelterhöhung, bekräftigte Weber: „Ihr habt Nachholbedarf, weil ihr in den vergangenen zwei Jahren keine Erhöhung bekommen habt.“ Es sei logisch, dass wenn ein Tarifvertrag auslaufe, über eine neue Forderung verhandelt werde, so Weber. Das habe der Arbeitgeber hier offensichtlich nicht verstanden.
Der Arbeitgeber hatte ursprünglich zugesagt, bis zum heutigen Tag ein neues, schriftliches Angebot vorzulegen. „Es ist respektlos gegenüber den Beschäftigten, dass er das nicht getan hat“, sagte Weber. „Der Arbeitgeber hat es in der Hand, den Konflikt aufzulösen.“
Während des Warnstreiks diskutierten die Vertreterinnen und Vertreter der IG Metall und die Warnstreikenden bei einer offenen Mitgliederversammlung im Bildungszentrum gegenüber dem Werk über das weitere Vorgehen in dem verfahrenen Konflikt. Dabei wurde deutlich, dass die Kolleginnen und Kollegen das von der Arbeitgeberseite vorgeschlagene Prämienmodell ablehnen, weil es manipulierbar und nicht transparent ist. Aus ihrer langjährigen Erfahrung haben sie kein Vertrauen in Zusagen ihres Arbeitgebers. Ihre Forderung ist unmissverständlich: Es braucht eine spürbare, tabellenwirksame Entgelterhöhung im Zahnradwerk.
„Bei dem vorgeschlagenen Prämiensystem, an dem der Arbeitgeber krampfhaft festhält, kommt am Ende kein Euro für die Beschäftigten raus“, stellte auch IG Metall-Verhandlungsführerin Anne Borchelt, Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Oranienburg-Potsdam, klar. Auch der Vorschlag des Arbeitgebers, Prämien an Anwesenheitszeiten zu koppeln, sei für die Gewerkschaft unter keinen Umständen verhandelbar, so Borchelt: „Es ist für uns absolut inakzeptabel, dass sich Beschäftigte krank zur Arbeit schleppen sollen.“
Anne Borchelt betonte, dass es eine Lohnerhöhung von mindestens 6,85 Prozent auf die Entgelttabelle benötige, um das Tarifvertragswerk einzuhalten. „Das Angebot von lediglich zwei Prozent mehr Geld ist scheinheilig angesichts der Tatsache, wie weit die Beschäftigten im Zahnradwerk vom Lohnniveau des Flächentarifvertrags der Metall- und Elektroindustrie entfernt sind“, so Borchelt. „Die Kolleginnen und Kollegen sind bereit, den Druck noch weiter zu erhöhen. Die Geschäftsführung wird den Konflikt nicht aussitzen können.“
Hintergrund: Vor zwei Jahren hatten die Beschäftigten im Zahnradwerk Pritzwalk nach mehr als 30 Jahren Tarifbindung erkämpft. Damals war die Geschäftsführung erst nach sechs bis zu 24-stündigen Warnstreiks und einer Urabstimmung über einen unbefristeten Streik dazu bereit, die IG Metall als Verhandlungspartner anzuerkennen. Im Sommer 2023 unterschrieben IG Metall und Geschäftsführung nach zähen Verhandlungen erstmals nach mehr als drei Jahrzehnten einen Tarifvertrag.