IG Metall Beschäftigtenbefragung

86 Prozent der Befragten in Berlin, Brandenburg und Sachsen wünschen eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit

17.05.2017 | 86 Prozent der Beschäftigten in Berlin, Brandenburg und Sachsen sprechen sich in der Beschäftigtenbefragung der IG Metall für eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit aus. „Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass der Wunsch nach einer Verkürzung der Wochenarbeitszeit in unserem Bezirk groß ist“, so Olivier Höbel, IG Metall Bezirksleiter Berlin-Brandenburg-Sachsen.

„27 Jahre nach der deutschen Einheit gibt es ein klares Votum der Beschäftigten für Gerechtigkeit und Gleichbehandlung auch in der Arbeitszeit.“

 

Bezirksleiter Olivier Höbel freute sich besonders über die hohe Beteiligung: „Mit 50.350 ausgefüllten Fragebögen aus rund 524 Betrieben haben wir eine unglaubliche Resonanz der Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie in Berlin, Brandenburg und Sachsen erreicht. Viele ehrenamtliche betrieblich Aktive haben mit ihrem Engagement diesen präzisen Blick in die Arbeitswelt der Metall- und Elektroindustrie ermöglicht.“

 

Die Ergebnisse der Beschäftigtenbefragung zeigen den hohen Stellenwert von Tarifverträgen und Mitbestimmung. In Betrieben mit guten tariflichen Regelungen und Betriebsrat sind die Befragten deutlich zufriedener. Diese Aussage gilt insbesondere vor dem Hintergrund einer geringeren Tarifbindung in Ostdeutschland.

 

Alle Fragen der Arbeitszeitgestaltung haben für die Beschäftigten eine außerordentlich hohe Bedeutung. Dabei sind rund 59 Prozent der Beschäftigten in Berlin, Brandenburg und Sachsen grundsätzlich zufrieden mit den Arbeitszeit-Regelungen, allerdings 41 Prozent eher nicht zufrieden.

 

„Wir fassen dieses Ergebnis als Bestätigung unserer Tarifpolitik und der guten Arbeit der Betriebsräte in ihren Unternehmen auf“, sagte Olivier Höbel. „Aber die Beschäftigten sind nicht wunschlos glücklich.“
Die weiteren Ansprüche und Erwartungen an die Tarifpolitik werden in den detaillierten Ergebnissen deutlich.

 

Wochenarbeitszeit:

Rund 34 Prozent der 50.350 Befragten im Bezirk arbeiten tatsächlich von 36 bis 39 Stunden, rund 54 Prozent arbeiten sogar mehr als 39 Stunden. In nicht-tarifgebundenen Unternehmen arbeiten rund 82 Prozent der befragten Beschäftigten im Schnitt 40 Stunden oder mehr. Die Arbeitszeitrealität bewegt sich dabei in deutlichem Gegensatz zur gewünschten verkürzten Wochenarbeitszeit, die für die große Mehrheit bei 35 Stunden pro Woche liegt.

 

Schichtarbeit:

Im Bezirk arbeiten rund 50 Prozent der Befragten in Schichtarbeit. Bundesweit sind dies nur 32 Prozent der Befragten. Beschäftigte in Schichtarbeit sind unzufriedener mit der Arbeitszeit als der Durchschnitt der Befragten. Ein gutes Drittel der Beschäftigten, die in Schichten arbeiten, geben an, dass sie Zusatzschichten leisten müssen.


Der extrem gesundheitsbelastende Schichtrhythmus wird zusätzlich verstärkt durch die längere Wochenarbeitszeit. Kürzere Wochenarbeitszeiten ermöglichen gesündere Schichtplangestaltung.


Bei den Schichtarbeitern gibt es einen großen Bedarf, Planbarkeit und Selbstbestimmung ihrer Schichten besser zu regeln. Zum Beispiel wünschen sich 84 Prozent der Beschäftigten in Schichtarbeit, ihre Freischichten frei wählen zu können. Aber nur 42 Prozent haben tatsächlich die Möglichkeit.
60 Prozent halten es für nützlich, dass ältere Arbeitnehmer einen Lohnausgleich für verkürzte Arbeitszeit erhalten – aber nur fünf Prozent haben diese Möglichkeit.

 

Flexible Arbeit und Wochenendarbeit:

Beschäftigte erleben und erbringen ein hohes Maß an Flexibilität auch in der Arbeitszeit. Diese Flexibilität hat Folgen: Rund zwei Drittel der Beschäftigten im Bezirk fühlen sich zunehmend gehetzt und unter Zeitdruck.

 

Rund 20 Prozent der Beschäftigten arbeiten regelmäßig am Samstag, 15 Prozent an Sonntagen.

Bei kurzfristigen Veränderungen der Arbeitszeiten halten es 90 Prozent für eine faire Gegenleistung, durch ausreichend lange Ankündigungsfristen geschützt zu werden.

 

Flexibilität ist keine Einbahnstraße: Für rund 97 Prozent der Beschäftigten ist es wichtig, eigene Bedarfe anmelden und kurzfristig Freizeit nehmen zu können.

 

Flexible Arbeit braucht soziale Sicherheit: 91 Prozent der Befragten erwarten als Gegenleistung für ihre flexible Arbeit Vereinbarungen zur Beschäftigungssicherung.

 

Mobile Arbeit:

Mobile Arbeit ist derzeit nur für 15 Prozent der Beschäftigten in unserem Bezirk Arbeitsrealität. Ein gutes Drittel der Befragten kann sich mobiles Arbeiten an einem selbst gewählten Arbeitsort vorstellen, wenn die benötigten und geregelten Voraussetzungen vorliegen.

 

Die Ergebnisse der Befragung sieht Olivier Höbel auch als klares Signal an die Arbeitgeber. „Die Zeiten, in denen die geografische und soziale Lage Ostdeutschlands als Grund für längere Arbeitszeiten gedient hat, sind lange vorbei. Die Beschäftigten erwarten einen klaren Schritt in Richtung soziale Angleichung. Die Bereitschaft, mit hoher Flexibilität gute Arbeitsergebnisse zu liefern, sollte nicht verwechselt werden mit der Unterordnung unter ein ausuferndes betriebliches Zeitdiktat. Die Beschäftigten haben ein klares Signal für selbstbestimmte, planbare und familienverträgliche Arbeitszeiten gegeben. Die Arbeitgeber sollten genau hinhören.“

 

An der bislang größten Beschäftigtenbefragung Deutschlands haben sich insgesamt 681.241 Beschäftigte aus rund 7.000 Betrieben beteiligt. Im Bezirk Berlin, Brandenburg und Sachsen waren es 50.350 Beschäftigte, davon rund 15.000 Nicht-Mitglieder. Die Auswertung bezieht sich auf 45.000 Fragebögen. Der allergrößte Teil der befragten Beschäftigten sind ausgebildete Fachkräfte mit einem Berufsabschluss, Meisterbrief oder Hochschulabschluss. Von den Befragten waren 54 Prozent bis 44 Jahre oder jünger. Damit hat sich die junge Generation mit deutlichen Erwartungen zu Wort gemeldet. Fast 50 Prozent der Befragten arbeiten in der Fertigung, dies spiegelt die starke Produktionsorientierung der ostdeutschen Industriestruktur wider.

 

„Dass sich über 50.000 Beschäftigte rund 30 Minuten Zeit für den Fragebogen genommen haben, zeigt, dass uns die Beschäftigten vertrauen und dass sie die IG Metall als kompetente Ansprechpartnerin in Sachen Arbeitszeit sehen. Und dies gilt insbesondere für die nicht organisierten Kolleginnen und Kollegen“, so Olivier Höbel.

 

 

Von: aw

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