Tarifrunde Metall- und Elektroindustrie

Birgit Dietze zur Angleichung Ost: „Diese Ungerechtigkeit muss verschwinden!“

22.03.2021 | Für die IG Metall geht es in der aktuellen Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie auch um die mehr als überfällige Angleichung Ost. Immer mehr Medien greifen das Thema bundesweit auf. „Auch in der Krise kann man einen ersten Schritt gehen", sagte Birgit Dietze, Bezirksleiterin der IG Metall in Berlin-Brandenburg-Sachsen, in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Spiegel. "Dafür werden wir zur Not auch streiken." Unterstützt wird der Bezirk bei dieser Forderung von der gesamten IG Metall.

Bezirksleiterin Birgit Dietze – Foto: Christian von Polentz/transitfoto.de

Die Angleichung, so Birgit Dietze, in der aktuellen Ausgabe des Spiegel (12/20.3.2021), sei eine Frage der Gerechtigkeit. Auf die Frage, was passiere, wenn sich die IG Metall mit ihrer Forderung nicht durchsetzen kann, antwortete Birgit Dietze: „Schauen Sie sich etwa VW, BMW oder Porsche an. Da stehen im Osten zum Teil modernere Werke als im Westen, die Produktivität ist dort teils besser. Die drei Stunden mehr im Osten sind ein reiner Mitnahmeeffekt. Ich rate den Arbeitgebern, den Kampfeswillen der Arbeitnehmer nicht zu unterschätzen. Wir können in zahlreichen Betrieben kämpfen."

Bereits in der vergangenen Woche hatten mehrere Medien bundesweit den Kampf der IG Metall um die Angleichung Ost thematisiert. In einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen, das am 18. März erschienen war, hatte Birgit Dietze erklärt: „Drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung muss diese Ungerechtigkeit verschwinden.“

„Ostdeutsche Arbeiter in der Metallindustrie fühlen sich als Kollegen zweiter Klasse, weil sie 38 Stunden, also drei mehr als im Westen, arbeiten müssen – fürs gleiche Geld“, erläutert die Augsburger Allgemeine ihren Lesern im Süden den Konflikt, den die Arbeitgeber weiter schüren, wenn sie verlauten lassen, die Arbeitszeitangleichung sei „kein Thema“. Für die IG Metall und ihre Mitglieder ist sie das sehr wohl, wie die Kolleginnen und Kollegen mit ihren Warnstreiks aktuell landauf landab unter Beweis stellen. Sie tragen Schilder mit sich herum, auf denen unmissverständlich steht „Angleichung jetzt!“ oder hängen Banner auf, die für „Arbeitszeit verkürzen!“ werben und weithin sichtbar machen, dass sie auch im 31. Jahr behandelt werden, wie „Beschäftigte zweiter Klasse“.

Die IG Metall, das stellt Birgit Dietze im Interview mit der Augsburger Allgemeinen, klar, wird diesen Zustand nicht länger hinnehmen. Sollten sich die Arbeitgeber nicht bewegen, „gehen wir in den Häuserkampf und fechten das Betrieb für Betrieb aus“, zitiert die Zeitung die Bezirksleiterin.

Dabei fordert die IG Metall nichts Unmögliches von den Arbeitgebern und ist durchaus kompromissbereit, wie die Zeitung aus dem Gespräch mit  Birgit Dietze berichtet: Die gleiche Arbeitszeit kann auch „stufenweise über einige Jahre erreicht werden“. Um den ersten Schritt kommen die Arbeitgeber allerdings in dieser Tarifrunde nicht herum, wollen sie den Häuserkampf vermeiden. Wenn die Kolleginnen und Kollegen im Osten auch weiterhin drei Stunden pro Woche mehr arbeiten sollen, dann nur „wenn sie dafür mehr Geld bekommen“. Deshalb fordert die IG Metall in dieser Tarifrunde ein Tarifliches Angleichungsgeld.

Auch andere Zeitungen thematisierten die Angleichung Ost, etwa die Badischen Neuesten Nachrichten oder die Allgäuer Zeitung. Am Beispiel von Thales, dem französischen Rüstungs- und Bahntechnikkonzern, bringen sie ihren Lesern nahe, „welche Blüten die noch immer bestehende Ost-Westteilung treibt“. 2014 zog Thales von Berlin-West nach Berlin-Ost. Die Beschäftigten, die über einen alten Arbeitsvertrag verfügten, hatten Glück. Für sie galt und gilt weiterhin die 35-Stunden-Woche. Alle, die neu dazu kommen, arbeiten 38 Stunden pro Woche – fürs gleiche Geld. Drei Stunden pro Woche mehr, summiert sich „im gesamten Jahr auf einen Monat unbezahlte Mehrarbeit, den die Ostdeutschen leisten“, zitieren die Badischen Neuesten Nachrichten Birgit Dietze.

Zu Wochenbeginn hatte sich auch Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, in einem Interview mit der Bild am Sonntag und in einem Gastkommentar im Handelsblatt eindeutig zur Angleichung Ost positioniert: „Dieses Relikt aus der Wendezeit gehört in dieser Tarifrunde endlich abgeräumt.“ Mehr dazu gibt es hier.

Unterstützung für die Forderung zur Angleichung Ost erhält die IG Metall auch aus der Politik. Die Linke hat zur Tarifauseinandersetzung in der Metall- und Elektroindustrie eine Resolution verabschiedet. Darin heißt es unter anderem, dass die Angleichung der Arbeitsbedingungen in Ostdeutschland überfällig ist. „Wir wünschen Euch für diese Auseinandersetzung einen langen Atem und viel Erfolg und stehen an Eurer Seite."

Berichterstattung:
Augsburger Allgemeine, 18. März 2021

 

Von: tt

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