BSH Berlin: Belegschaft demonstriert gegen Schließung – Betriebsrat will weiter verhandeln

24.08.2006 | Rund 750 Beschäftigte des Berliner Waschmaschinenwerks von Bosch-Siemens Hausgeräte (BSH) demonstrierten am Donnerstag in Berlin-Spandau nachdrücklich ihre Ablehnung gegen Schließungspläne des Konzerns für ihr Werk. "Wir kämpfen um den Fortbestand dieser Fabrik, denn sie ist die Existenzgrundlage hunderter Berliner Familien", sagte der Betriebsratsvorsitzende Güngör Demirci. "Wenn die Firmenleitung die Gespräche zum Erhalt des Werks mit dem Betriebsrat für beendet erklärt hat, muss sie auch dazu sagen: An uns Betriebsräten hat es nicht gelegen", sagte Demirci.

Demonstration gegen Kahlschlag: Am 24. August in Berlin-Siemensstadt

Der Betriebsrat und die IG Metall sind entschlosssen, die für Anfang 2007 angekündigte Schließung des Bosch-Siemens-Waschmaschinenwerks in Berlin-Spandau doch noch abzuwenden. "Wir sind zu weiteren Verhandlungen bereit", sagte Betriebsratschef Güngör Demirci und ging zugleich gmit seinen Vorschlägen zum Erhalt des Betriebes in die Offensive. Man sei dem Arbeitgeber mit Verzichtsvorschlägen beim Lohn entgegengekommen. "Das ist uns sehr schwer gefallen. Das Paket beinhaltete einen Verzicht von mehr als 23 Prozent monatlich für unsere Kolleginnen und Kollegen. Das schien es uns wert zu sein, um mehrere hundert Arbeitsplätze zu erhalten", so Demirci. Dagegen sei das Unternehmen nicht einmal bereit gewesen, auf ein bis zwei Prozent Gewinnsteigerung in 2007 zu verzichten. "Wohl gemerkt: Dieser Firma geht es nicht darum, Verluste zu minimieren, sondern sie wollen unbedingt den Maximalgewinn herausholen, und zwar auf Kosten der Beschäftigten, die das gute Betriebsergebnis erarbeitet haben", kritisierte Demirci.

 

Presseerklärung des Betriebsrats vom Donnerstag, 24. August, im Wortlaut:

 

 

Im Hinblick auf die geplante Schließung der Waschmaschinenfabrik in Berlin erklärt der Betriebsrat der BSH Berlin:

 

 

 

1. Die seit Monaten andauernden Gespräche mit dem Arbeitgeber sind von beiden Betriebsparteien mit dem Ziel aufgenommen worden, für die Fabrik Berlin Wäschepflege (FBW) ein gemeinsames Fortführungskonzept zu entwickeln.

 

2. Völlig überraschend hat der Arbeitgeber Ende Juli einseitig diese

Gespräche für gescheitert erklärt, obwohl deutlich wurde, dass es

betriebswirtschaftlich hinterlegte Konzepte für die Fortführung der

Produktion gibt, die schwarze Zahlen im zweistelligen Bereich aufweisen.

 

3. Die Betriebsleitung hat den Abbruch der Verhandlungen damit

begründet, dass der Betriebsrat seinerseits die Verhandlungen für

gescheitert erklärt hat. Der Arbeitgeber hat erst in einem vom Betriebsrat angestrengten arbeitsgerichtlichen Verfahren eingestanden, dass nicht der Betriebsrat die Verhandlungen für gescheitert erklärt hat.

 

4. Seit dem Abbruch der Verhandlungen durch den Arbeitgeber versucht der Betriebsrat mit Hilfe der Gewerkschaft, den Arbeitgeber wieder an den Gesprächstisch zurück zu holen, um über Fortführungskonzepte zu verhandeln.

 

5. Im Rahmen eines nachhaltigen Fortführungskonzeptes hat der

Betriebsrat erhebliche Zugeständnisse seitens der Belegschaft hinsichtlich Lohn und Arbeitszeit signalisiert. Auch die IG Metall ist zu Zugeständnissen bereit, sofern es längerfristige Beschäftigungsgarantien und nachhaltige

Investitionszusagen gibt.

 

6. Der Betriebsrat hat sich schwer getan, diese Vorschläge zu

unterbreiten, weil damit die Mitarbeiter auf viele über Jahre erworbene

Ansprüche verzichten müssen. Allein die Aussicht auf Erhalt von mehreren hundert Industriearbeitsplätzen führt zu diesem weit reichenden Angebot.

 

7. Mit diesem Angebot wird der vom Arbeitgeber geforderte Beitrag

erreicht. Dabei sei nochmals betont, dass - entgegen Behauptungen der Firmenseite - der Standort Berlin derzeit sich in einer Gewinnphase bewegt und keine Verluste erwirtschaftet. Auch im Jahr 2005 hat der Standort Berlin keine Roten Zahlen geschrieben, wenn man die Rückstellungen für die Schließung der Fabrik nicht berücksichtigt.

 

8. Das Unternehmen geht davon aus, dass die BSH, wenn sie den Berliner Standort aufgeben und die Waschmaschinen in Polen oder in der Türkei produzieren, noch mehr Gewinn machen können. Dies ist der Grund für den Wunsch, die Produktion ins Ausland zu verlagern.

 

9. Das Kostendelta zwischen dem so genannten Teilfortführungskonzept der Firmenleitung, das tatsächlich das Aus des Standorts Berlin bedeuten würde, und einem vom Betriebsrat favorisierten Fortführungsmodell liegt zwischen

einem und zwei Prozent des jährlichen Bilanzgewinns der BSH.

 

10. Der Betriebsrat ist der Meinung, dass die BSH es gut verkraften könnte, zum Erhalt des Mutterstandortes Berlin und von 618 Arbeitsplätzen sowie für den längerfristigen Bestand der Forschungs- und Entwicklungsabteilungen diesen bescheidenen Gewinnverzicht hinzunehmen.

 

11. Diesem Verzicht von 1 - 2 % seitens der Firmenleitung stehen 23% Lohnverzicht gegenüber, der den Arbeitnehmern abgefordert wird.

 

12. In der Öffentlichkeit behauptet die Firmenleitung, eine Teilfortführung verwirklichen zu wollen und hierüber mit dem Betriebsrat verhandeln zu wollen. Tatsächlich haben sie zeitgleich beim Arbeitsgericht Berlin die Einsetzung einer Einigungsstelle zur Schließung der Fabrik eingeleitet.

 

13. Das von der Firmenleitung vorgeschlagene Teilfortführungskonzept bringt den Standort Berlin in eine Situation, jährlich starke Verluste zu

schreiben. Bereits hieran kann man erkennen, dass dieses Konzept ein

Abwicklungskonzept bzw. eine versteckte Beschäftigungsgesellschaft ist. Zudem sollen danach lediglich 200.000 Waschmaschinen produziert werden. Fachleute bestätigen, dass eine Produktion unterhalb von 400.000 nicht rentabel ist. Das Konzept sieht keinerlei Investitionen vor. Die Beschäftigung von 300 Arbeitnehmern soll lediglich für zwei bis drei Jahre gewährleistet werden. Gleichzeitig sollen die Beschäftigten am Standort auf mehr als 23% Lohn verzichten.

 

14. AEG hat durch das sture Festhalten an einer Produktionsverlagerung und Schließung des Nürnberger Werks ca. 4% Marktanteil verloren.

 

15. Die BSH hat laut Handelsblatt im ersten Halbjahr 2006 im wesentlichen durch den AEG-Effekt vier Prozent Marktanteil gewonnen. Dies entspricht in etwa 15% Umsatzplus. Der Konzern rechnet mit einem weiteren Wachstum für das zweite Halbjahr von 7 %.

 

16. Der Betriebsrat weist darauf hin, dass im Fall eines der IG-Metall und der Belegschaft aufgezwungenen Arbeitskampfes gegen die Schließung mit erheblichen negativen AEG-Effekten zu rechnen ist.

 

17. Der Betriebsrat bietet der Firmenleitung an, ein zukunftssicheres

Fortführungskonzept gemeinsam umzusetzen, das langfristig Arbeitsplätze in Berlin sichert und Gewinne schreibt.

 

 

 

 

Güngör Demirci

 

Gartenfeld, 24.08.2006

 

 

 

 

 

 

Von: md

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