„Dieser Betrieb produziert Altersarmut!“ Unternehmen müssen Kritik hinnehmen

27.05.2013 | Die IG Metall kämpft für gute Arbeitsbedingungen und bei älter werdende Belegschaften vor allem gegen die drohende Altersarmut bei Eintritt in die Altersrente. Mit einem Großplakat fand eine solche Aktion bei DVS Technology in Krauthausen im vergangenen November statt. „Dieser Betrieb produziert Altersarmut!“ bringt das Problem auf den Punkt. Wer ununterbrochen 45 Beitragsjahre lang weniger als 10,36 Euro brutto pro Stunde verdient, der erwirbt so einen geringen Rentenanspruch, dass dieser durch Sozialhilfeleistungen aufgestockt werden muss, bestätigt selbst Bundesregierung. Die Firma wehrte sich, vergeblich.

Das Unternehmen in Krauthausen verlangte von der IG Metall die Unterlassung der Aktionen und reichte eine einstweilige Verfügung vor Gericht ein. Und scheiterte. Das Gericht lehnt den Antrag des Unternehmens ab.

 

Gewerkschaften müssen scharf kritisieren.

In der Auseinandersetzung zwischen Gewerkschaft und Unternehmer sind in scharfer Form ausgetragene Differenzen von der der Koalitionsfreiheit gedeckt und müssen von der Gegenseite hingenommen werden, auch wenn sie polemisch geäußert werden, meinte das Arbeitsgericht Eisenach.

 

Bei der Abwägung sei zu beachten, dass insbesondere das Grundrecht der Koalitionsfreiheit sehr weitreichend ist. In der öffentlichen Auseinandersetzung zwischen Gewerkschaften und Unternehmen muss daher wegen der Koalitionsfreiheit auch Kritik hingenommen werden, die in überspitzter und polemischer Form geäußert wird. Um entsprechende Wirkung zu erzielen, seien Plakate mit kurzer prägnanter Wortwahl ausgestattet und eventuell bildhaft unterlegt. Ein Plakat muss dementsprechend einprägsam sein. Dies erlaube die Koalitionsfreiheit. Die hier seitens der Unternehmerin angegriffenen Formulierungen sind dementsprechend plakativ und weisen auf gewisse Umstände hin. Sie sind aber nicht als unerlaubte Schmähkritik anzusehen, sondern von der Koalitionsfreiheit gedeckt.

(Quelle: Arbeitsgericht Eisenach, Urteil vom 21.11.2012;  3 Ga 11/12)

 

Rentenreformen - am Menschen vorbei regiert

Das Problem spitzt sich umso mehr zu, je weiter der Gesetzgeber das Absinken des Rentenniveaus der gesetzlichen Rentenleistungen zulässt. Hier ist die Politik gefordert, das Rentenniveau von aktuell etwa 50 Prozent mindestens zu stabilisieren und den Unfug einer Absenkung auf bis zu 42 Prozent zu verhindern.

 

Niedrige Löhne führen unweigerlich zu knappen Haushaltseinkommen der Beschäftigten und ihrer Familien. Und zugleich resultiert aus diesem Umstand später Altersarmut, weil der zu erwartende Rentenanspruch geringer sein wird als die Grundsicherung nach SGB XII. Dieser Umstand lässt sich nicht wegprozessieren. Ändern lässt sich das nur durch höhere Entgelte der Beschäftigten.

 

Privat Rentenvorsorge – von was?

Die Regelungen zur Grundsicherung sind für erwerbsfähige Personen zwischen 15 und 64 Jahren im Sozialgesetzbuch (SGB) II geregelt. Analog dazu ist die Grundsicherung für nicht erwerbsfähige Personen im SGB XII geregelt. Daher beträgt die Grundsicherung auch für Rentenbezieher mindestens den Regelsatz für Einzelpersonen von derzeit 374 Euro monatlich zuzüglich Kosten der Unterkunft.

 

Wer später noch nicht einmal auf die Grundsicherung kommt, der hat auch keine Geld während der Erwerbszeit für private Vorsorge. Zudem hat eine Privatrente drei entscheidende Nachteile:

 

  1. Die Versicherungskonzerne wollen daran gut verdienen
  2. Die Arbeitgeber beteiligen sich nicht mit ihrem üblichen Anteil
  3. Private Versicherungen sind riskanter denn je, denn mit dem Geld der Leute wird spekuliert und viele Versicherungen sind mit ihren Anlagen inzwischen Pleite gegangen.

 

Niedriglöhne schaden der Gesellschaft und sind Betrug am Bürger

Es ist nicht hinzunehmen, dass Unternehmen während des Arbeitslebens der Beschäftigten Lohnkosten sparen und der eigentlich notwendige Bruttoverdienst, incl. aller Abgaben von der Allgemeinheit aufgestockt werden muss. Zusätzlich kommt es später, im Rentenbezug zu gigantischen Mehrkosten für die kommunalen Haushalte durch Aufstockung der Rente. Die Kommunen dürfen nicht auch noch für die schuldhaften Niedriglöhne der Unternehmen während des Arbeitslebens in Haftung genommen werden. Das ist eine ganz miese Form von Betrug an den Sozialversicherungen.

Von: bg

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