Gauck: Gewerkschafter im Widerstand: aktiv und mutig gegen das NS-Regime

03.05.2013 | Der Bundespräsident nimmt die Zerschlagung der Gewerkschaften durch die Nazis vor 80 Jahren zum Anlass, ihren aktiven und mutigen Widerstand gegen das NS-Regime zu würdigen und das deutsche Modell der Sozialpartnerschaft durch die Mitbestimmung der Gewerkschaften als Erfolgsfaktor der Bundesrepublik zu betonen.

Bundespräsident Joachim Gauck sieht in der Arbeit der Gewerkschaften und der Mitbestimmung im Betrieb einen wesentlichen Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands.

 

Große Herausforderungen wie globaler Wettbewerb, älter werdende Belegschaften, Weiterbildung und technologischer Wandel könnten nur ‚‚im Schulterschluss von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gelingen’’, mahnte Gauck am Donnerstagabend in Berlin bei einer DGB-Gedenkstunde zum Sturm der Nazis auf die Gewerkschaftshäuser.

 

Am 2. Mai 1933 hatten in ganz Deutschland Horden von SA und SS die Gewerkschaftshäuser gestürmt. Tausende Gewerkschaftsmitglieder wurden in Zuchthäuser und Konzentrationslager gesperrt, in die Emigration getrieben oder ermordet. Viele engagierten sich später im Widerstand gegen das NS-Terrorregime. 

 

Die Sozialpartnerschaft, das konstruktive Miteinander von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, habe sich nach dem Krieg im Westen Deutschlands seit über 60 Jahren bewährt - während sich anderswo Gewerkschaften und Arbeitgeber wie feindliche Lager im Klassenkampf gegenüberstünden, sagte Gauck. In Deutschland habe sich dagegen zum Glück die Einsicht durchgesetzt: ‚‚Innerbetriebliche Kooperation braucht am Ende des Tages einen verlässlichen Handschlag, keine spitzen Ellenbogen.’’

 

Der 2. Mai 1933 und das Ende freier Gewerkschaften während der NS-Zeit sei deshalb ein geeigneter Anlass, sich bewusst zu machen: ‚‚Gewerkschaftliche Interessenvertretung ist nicht nur ein verbrieftes Recht, sie ist auch eine Kultur, die gelernt, eingeübt und akzeptiert sein muss.’’ Gauck würdigte zugleich den Einsatz von hunderttausenden Beschäftigten, die Verantwortung als frei gewählte Mitglieder in Betriebsräten trügen. 

 

In seiner Gedenkrede ging Gauck auch auf die Zerstrittenheit der Gewerkschaften während der NS-Machtergreifung ein. ‚‚Tragischerweise waren die Gewerkschaften nicht nur durch Weltwirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit geschwächt. Der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund hatte sich offen von der SPD distanziert; aufgrund scharfer politischer Gegensätze, tiefem gegenseitigen Misstrauen und gewaltsam ausgetragenen Kämpfen kam es auch zur organisatorischen Trennung von kommunistischen Arbeitern. Und die sozialdemokratischen Gewerkschafter stritten um die Frage, was die Interessen von Arbeitern und Organisation besser schützen könne: Anpassung bis zur Anbiederung oder offener Kampf? So schwächte sich die Gewerkschaftsbewegung selbst - und die Nationalsozialisten nutzten die Zersplitterung.’’

 

Die Frage bleibe aber offen, ob es durch entschiedenes Handeln wie etwa einen Generalstreik möglich gewesen wäre, den Weg in die Diktatur zu verhindern. Gauck: ‚‚Aber eines scheint mir klar: Die Politik der Anbiederung an das NS-Regime hat die Zerstörung der Gewerkschaften nicht verhindert, sie hat sie vielleicht sogar erleichtert.’’ Umso stärker gelte es aber zu betonen, dass mutige Gewerkschafter nach der Zerschlagung ihrer Organisation aktiv Widerstand gegen das NS-Regime leisteten. ‚‚Ihr Mut beeindruckt uns bis heute.’’

 

Auch DGB-Chef Michael Sommer ging auf die Zerstrittenheit der Gewerkschaften am Ende der Weimarer Republik ein. ‚‚Zentrales Vermächtnis derer, die aus Zersplitterung und Streit in der Weimarer Republik gelernt haben, ist die Gewerkschaftseinheit’’, sagte Sommer. ‚‚Sie war der wichtigste Auftrag, den uns die Häftlinge der Konzentrationslager und Nazi-Gefängnisse auf den Weg gaben: Schafft die Einheit!’’

(dpa, IG Metall)

 

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Von: bg

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