Tarifrunde Metall- und Elektroindustrie

Geschlossen und entschlossen für die Angleichung – die Warnstreikwelle rollt

21.04.2021 | Die Warnstreikwelle nimmt weiter Fahrt auf. In Berlin, Brandenburg und Sachsen legen Metallerinnen und Metaller am 21. April die Arbeit nieder – vorübergehend oder sogar ganztägig –, um die Arbeitgeber im laufenden Tarifkonflikt in Bewegung zu bringen. Egal wo, überall machten die Beschäftigten deutlich, dass ihnen vor allem die Angleichung der Arbeitsbedingungen unter den Nägeln brennt.

Eine Kundgebung, viele Betriebe, ein Ziel: Die Zeit ist überreif für Angleichung der Arbeitsbedingungen. Fotos (3):Christian von Polentz/transitfoto.de

Prominente Unterstützung für die Angleichung Ost: Gregor Gysi. Er sprach zu den Warnstreikenden. Wie sie fordert er: „Mit der Ungleichbehandlung muss Schluss sein!"

Nicht zu überlesen, was den Beschäftigten unter den Nägeln brennt.

Stillstand nur hinter den Werktoren, vor dem Werk ist – coronakonform – Bewegung: Die Beschäftigten von Mahle traten am frühen Morgen in den ganztägigen Warnstreik. Foto: IG Metall

Ganztägiger Warnstreik bei Mahle, insbesondere für die Angleichung Ost!

Gemeinsam stark: geschlossen und entschlossen für die Angleichung – Fotos (3): Volker Wartmann

Feuer und Flamme für die Angleichung: die Beschäftigten bei Mahle in Wustermark

Im Osten geht die Sonne auf ... bei Schaeffler in Luckenwalde markierte der Sonnenaufgang den Beginn des ganztägigen Warnstreiks.

Metallerinnen und Metaller bei Schaeffler in Luckenwalde kämpfen für ihre Forderungen. Fotos (2): IG Metall

Die Angleichung steht im Zentrum der Forderungen – auch bei den Beschäftigten von GF Casting Solutions in Leipzig.

Warnstreik der Alstom-Beschäftigten in Bautzen

Im Kampfmodus für die Angleichung Ost – Fotos (2): IG Metall

Um 6 Uhr in der Früh traten gleich zwei Betriebe in Brandenburg in den ganztägigen Warnstreik. Bei Schaeffler Technologies in Luckenwalde standen die Bänder ebenso still wie bei Mahle in Wustermark.

Ein Video, mehr Informationen und weitere Fotos vom Warnstreik bei Schaeffler gibt es auf der Internetseite der IG Metall Ludwigsfelde.

„Schluss mit der Spardose Ost!"
Das Wetter meinte es gut mit den Warnstreikenden, die unter strahlend blauem Himmel mit Abstand und Anstand für ihre Forderungen eintraten, aus gutem Grund. „Ihr verdient hier 8,5 Prozent weniger als Eure Kolleginnen und Kollegen im Westen, die für das gleiche Unternehmen arbeiten“, sagte Stefanie Jahn, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Potsdam-Oranienburg. „Es kann nicht sein, dass die Spardose Ost weiter aufrechterhalten werden soll. Es ist nicht akzeptabel, dass es noch immer eine Arbeitszeitmauer zwischen Ost und West gibt.“

Am 22. April findet die vierte Tarifverhandlung für die 110.000 Beschäftigten in Berlin und Brandenburg mit dem Arbeitgeberverband Berlin-Brandenburg (VME) statt. Stefanie Jahn forderte die Arbeitgeber nachdrücklich auf, ihre Blockadehaltung endlich aufzugeben und in konstruktive Gespräche einzutreten. Denn: „Wir wollen Lösungen und wir werden so lange weiterkämpfen, bis wir eine Lösung erreicht haben, die uns zufriedenstellt. Wenn es sein muss, wird es noch viele weitere ganztägige Warnstreiks geben.“

Mehr zum ganztägigen Warnstreik bei Mahle gibt es auf der Homepage der IG Metall Potsdam-Oranienburg.

Ende der Teilung – auch bei den Arbeitsbedingungen
In Berlin machten rund 400 Metallerinnen und Metaller klar: Mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung sind gleiche Arbeitsbedingungen in Ost und West eine Selbstverständlichkeit. Zumindest sollten sie das sein. Dass das bislang noch immer nicht der Fall ist, liegt an der hartnäckigen Verweigerungshaltung der Arbeitgeber, die sich sträuben, ihre Beschäftigten im Osten gleich zu behandeln und über dieses Thema in der laufenden Tarifrunde noch nicht einmal mehr reden wollen. Die Beschäftigten von Siemens Mobility, GE Power und Thales folgten dem Aufruf der IG Metall zum Warnstreik mit Kundgebung.

Prominenter Unterstützer war an diesem Tag Gregor Gysi. „4000 Stunden müssen die Kolleginnen hier im Osten länger arbeiten, wenn sie in Rente gehen“, rechnete Gysi, Fürsprecher ostdeutscher Interessen, auf der Warnstreikkundgebung vor. „Das sind volle zwei Jahre, die Ihr länger arbeiten müsst, bevor Ihr die gesetzliche Rente bekommt. Natürlich ist das 31 Jahre nach der Wiedervereinigung nicht hinnehmbar. Damit muss Schluss sein.“

Zahlreiche weitere Berliner Betriebe – Biotronic, OTIS, Dynamowerk, Siemens Energy, dem Siemens Messgerätewerk, der Siemens Energy Schaltwerk, Schindler und BSH – waren mit Delegationen vertreten.

Mit dabei waren auch die Beschäftigten von FP Inovolabs. Gut die Hälfte der Kolleginnen und Kollegen sollen auf eine neu gegründete Firma und zwei bereits vorhandene aufgeteilt, die übrigen Beschäftigten entlassen werden.

Weitere Informationen, Fotos und ein Video von der Warnstreikkundgebung gibt es auf der Internetseite der IG Metall Berlin.

Wut im Bauch – Kundgebung bei GF Casting Solutions in Leipzig
In Leipzig erhöhten 80 Kolleginnen und Kollegen von GF Casting Solutions mit einer Kundgebung vor dem Betrieb den Druck auf die Arbeitgeber. Dabei wurde eines ganz deutlich: Die Verweigerungshaltung der Arbeitgeber kommt bei den Beschäftigten gar nicht gut an. Wie die Arbeitgeber sich in dieser Tarifrunde gebärden, so die Warnstreikenden im Leipziger Südwesten, ist nicht länger hinnehmbar. „Es ist schließlich niemanden mehr vermittelbar, dass die sächsischen Kolleginnen und Kollegen bei gleicher Arbeit weniger Geld bekommen als ihre Kolleginnen und Kollegen aus den westdeutschen Tarifgebieten,“ erklärte IG Metall-Gewerkschaftssekretär Thomas Arnold.

Mehr Fotos gibt es auf der Homepage der IG Metall Leipzig.

Warnstreik und Frühschluss bei Alstom in Bautzen und Görlitz
Mehr als 180 Metallerinnen und Metaller haben bei Alstom (ehemals Bombardier) in Bautzen die Arbeit niedergelegt. Am Nachmittag folgten weitere Kolleginnen und Kollegen am Standort Görlitz dem Aufruf der IG Metall Ostsachsen im Rahmen einer Frühschlussaktion.
Sie alle eint die Enttäusch über die anhaltende Ignoranz der Arbeitgeber. Auslöser ist die fehlende Bewegung beim Thema Angleichungsgeld. 30 Jahre nach der Wende empfinden sie es als enorme Ungerechtigkeit. Die IG Metall fordert eine Diskussion auf Augenhöhe und kritisiert die Blockadehaltung der Arbeitgeberseite stark.

„Es wurde weder inhaltlich darüber diskutiert, noch gibt es überhaupt erst einmal ein Angebot dazu. Das ist absolut enttäuschend und inakzeptabel“, sagte Uwe Kaczmarek, Betriebsratsvorsitzender von Alstom in Bautzen und Mitglied der Verhandlungskommission. „Mit unserem heutigen Warnstreik zeigen wir erneut, wie ernst es uns mit dieser Forderung ist. Wir wollen Gerechtigkeit und erwarten von der Arbeitgeberseite konstruktiv mit uns über dieses längst überfällige Thema zu verhandeln. Dafür stehen die Kolleginnen und Kollegen heute hier.“

Jan Otto, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ostsachsen sagte: „Die Arbeitgeber spielen mit dem Feuer. Wir wollen eine Lösung in der Fläche, um unserer gemeinsamen gesellschaftspolitischen Verantwortung gerecht zu werden. Der Arbeitgeberverband jedoch lehnt dies ab. Wer so rückwärtsgewandt agiert, hat bis heute nicht verstanden, dass auch die ostdeutschen Metaller*innen ihre Arbeit genauso gewertschätzt haben wollen, wie der Rest der Republik. Wir werden uns nicht aufhalten lassen- wir untermauern unsere berechtigte Forderung nach einem Tariflichen Angleichungsgeld für unsere Mitglieder mit weiteren Warnstreiks. Diese Woche wird es auch in Ostsachsen den ersten 24-h Warnstreik der Geschichte geben.“

Weitere Informationen sind auf der Homepage der IG Metall Ostsachsen zu finden.

Forderungen der IG Metall
Die IG Metall fordert ein Volumen von 4 Prozent für Entgelterhöhungen oder zur Beschäftigungssicherung. Außerdem geht es um Zukunftstarifverträge, um die Transformation zu gestalten, und tariflich verbesserte Übernahmeregeln für Ausgebildete.

Dazu fordert die IG Metall im Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen für die rund 290.000 Beschäftigten (110.000 in Berlin-Brandenburg und 180.000 in Sachsen) ein Tarifliches Angleichungsgeld, damit 30 Jahre nach der Wiedervereinigung endlich Schluss ist mit der Ungleichbehandlung der Beschäftigten in Ost und West.

„Die IG Metall hat die Forderung nach dem Tariflichen Angleichungsgeld im Rahmen ihrer Gesamtstrategie bewusst nur in Berlin-Brandenburg und Sachsen aufgestellt. Daher sind die jetzt erfolgenden Pilotübernahmen in anderen Tarifgebieten keine Referenz“, sagt Birgit Dietze, Verhandlungsführerin und Bezirksleiterin der IG Metall in Berlin-Brandenburg-Sachsen. „Das von den Arbeitgebern auch in der vierten Tarifverhandlung in Sachsen wiederholte Nein zum Tariflichen Angleichungsgeld befördert die in den Belegschaften bereits bestehende Empörung.“

 

Von: tt

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