Jobabbau bei Qimonda - IG Metall fordert industriepolitische Initiative

20.10.2008 | Die IG Metall fordert eine industriepolitische Initiative, die den Erhalt der integrierten Halbleiterindustrie in Deutschland zum Ergebnis hat. Die Landesregierung Sachsens und die Bundesregierung sind aufgefordert, eine solche Initiative unverzüglich ins Leben zu rufen, da es nicht im industriepolitischen Interesse Deutschlands liegt, Schlüsseltechnologien einfach ziehen zu lassen.

Plötzlich und unerwartet erhielten die Beschäftigten die Nachricht vom Ableben ihres Backends - geb. 1995, für tot erklärt am 14.10.2008.

In der vergangenen Woche hat die Infineon AG angekündigt, dass ihre Tochtergesellschaft Qimonda ihr Geschäftsmodell radikal ändern wird und dass man weiterhin beabsichtige, sich von dieser Tochter zu trennen.

 

Am selben Tage erklärte Qimonda, einst einer der führenden Herstellern von Massenspeichern, die Herstellung sogenannter Commodity-Chips gänzlich einzustellen. Aus diesem Grunde wurde die Beteiligung an dem gemeinsam mit der japanischen Firma Nanya betriebenen Chipfertiger Inotera an den amerikanischen Hersteller Micron verkauft. Zugleich wurde die Entlassung von 3.000 der ca. 12.000 verbleibenden Beschäftigten angekündigt. Man wolle sich, so Qimonda, auf die Fertigung hochwertiger Speicherelemente auf Basis der in Dresden entwickelten revolutionären „burried wordline“ Technologie beschränken. Damit verliert Qimonda nicht nur die Hälfte des Umsatzes sondern auch das Potential, um in der Entwicklung der Halbleiterindustrie mitzuhalten.

 

Dieser angekündigte Rückzug aus dem Massenmarkt für Speicherchips leitet nach Ansicht der IG Metall schon kurzfristig das Ende der Speicherfertigung und –entwicklung in Deutschland und Europa ein. Das neue Geschäftsmodell ist so nicht tragbar, sondern ergibt nur einen Sinn, wenn der verbleibende Teil von Qimonda an einen Mitbewerber verkauft wird. Damit gäbe es aber keinen deutschen Speicherfertiger mehr.

 

„Was das Saatgut für die Agrargesellschaft, das Eisen für die Industriegesellschaft waren, das sind Halbleiter für die Wissensgesellschaft.“ Dieser Satz über dem Eingang der technischen Universität Shanghai beschreibt gut das Risiko, dass ein Rückzug Europas und Deutschlands aus der Speicherfertigung bedeutet: Nicht nur Abhängigkeit von Belieferung, sondern Abkopplung von der weiteren Entwicklung einer Basistechnologie der modernen Wirtschaft.

 

Die IG Metall ist der Auffassung, dass dieser Rückzug nicht angetreten werden darf. In Deutschland und insbesondere in Sachsen ist die Halbleiterindustrie mit erheblichen staatlichen Subventionen zu einer kritischen Größe herangewachsen, die eine eigenständige Entwicklung neuer Technologien und Produkte ermöglicht. Dresden ist der bedeutendste Halbleiter-Cluster Europas und einer der bedeutendsten der Welt.

„Würde die in Dresden entwickelte „burried wordline“ Technologie an einen amerikanischen oder asiatischen Mitbewerber verkauft, ist schon kurzfristig mit einer Schwächung des Standortes Dresden zu rechnen. Aber mehr noch: Staatlich hoch subventionierte Technologien würden unwiederbringlich verloren gehen“, erklärte Olivier Höbel, Bezirksleiter der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen

 

Die IG Metall fordert deshalb eine industriepolitische Initiative, die den Erhalt einer integrierten Halbleiterindustrie in Deutschland zum Ergebnis hat. Die Landesregierung Sachsens und die Bundesregierung sind aufgefordert, eine solche Initiative unverzüglich ins Leben zu rufen, da es nicht im industriepolitischen Interesse Deutschlands liegt, Schlüsseltechnologien einfach ziehen zu lassen.

Von: mr

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