Mindestlohn

Lohnbetrüger am Werk: 1,8 Millionen Beschäftigte in Deutschland verdienen weniger als Mindestlohn

06.12.2017 | 1,8 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland verdienen weniger als den gesetzlichen Mindestlohn, obwohl sie einen Anspruch darauf haben. Das hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin für das vergangene Jahr über eine Befragung der Beschäftigten ermittelt. Die amtliche Statistik dagegen befragt die Arbeitgeber und kommt auf 1,1 Millionen Menschen, die weniger als die 2016 vorgesehenen 8,50 Euro verdienten.

Mit mehr Kontrolle Mindestlohnbetrug das Handwerk legen Foto: DGB

„Diese Studie belegt einmal mehr: Mindestlohnverstöße sind noch immer an der Tagesordnung", sagte DGB-Vorstand Stefan Körzell. Mindestens 1,8 Millionen Beschäftigte – insbesondere Minijobber, Frauen, ostdeutsche und ausländische Beschäftigte – waren sogar über ein Jahr nach Einführung des Mindestlohns Opfer von Mindestlohnbetrügern. "Das schadet den Beschäftigten, führt zu Einnahmeausfällen bei den Sozial- und Steuerkassen, bedeutet aber auch Schmutzkonkurrenz für die Unternehmen, die sich korrekt verhalten. Es muss daher das Interesse aller Redlichen in dieser Gesellschaft sein, diesem Betrug wirksam einen Riegel vorzuschieben", sagte Körzell.

 

Um die Arbeitsmarktkriminalität aufzudecken, müssen aus Sicht des DGB die Rahmenbedingungen für Kontrollen verbessert werden. Dazu zählt deutlich mehr Personal bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS). Der DGB fordert schon lange die Aufstockung der Beamten auf 10.000 Stellen. Dreh- und Angelpunkt für Prüfungen der FKS sind jedoch die Dokumentationspflichten, die bislang zu viel Spielraum für Manipulation lassen. Diese Regeln gehören ausgebaut. Warum nicht die <link http: www.dgb.de>Arbeitszeit tagesaktuell erfassen und die Unterlagen am Ort der Beschäftigung aufbewahren? Wer immer noch von vermeintlichen Bürokratielasten im Zusammenhang mit dem Mindestlohngesetz fabuliert, hat offenbar kein Interesse an der korrekten Durchsetzung des Mindestlohns, öffnet Verstößen Tür und Tor und fördert so letztlich auch Schwarzarbeit.

 

Den Beschäftigten raten wir, ihre geleisteten Arbeitsstunden selbst zu dokumentieren und von einer Kollegin oder einem Kollegen gegenzeichnen zu lassen. Im Konfliktfall dienen diese Aufzeichnungen als Beweis. Nach dem Mindestlohngesetz können berechtigte Ansprüche bis zu drei Jahre später gerichtlich geltend gemacht werden.

 

Unabhängig vom Ausgang der aktuellen Regierungsbildung: Alle Parteien sind aufgefordert, die große sozialpolitische Reform <link http: www.dgb.de>Mindestlohn vor Angriffen zu schützen, diskriminierende Ausnahmen zu beseitigen und die Rahmenbedingungen für effektivere Kontrollen sowie deutliche Anhebungen des Mindestlohns zu schaffen.“

 

"Offensichtlich und keineswegs unerwartet" werde das Mindestlohngesetz nicht in jedem Betrieb eins zu eins umgesetzt, sagte Studienautorin Alexandra Fedorets der Deutschen Presse-Agentur. Aus ihrer Sicht trickst ein Teil der Betriebe, etwa indem Bereitschaftszeiten nicht mehr bezahlt oder Kosten für Arbeitsmaterial vom Lohn abgezogen werden.Das DIW hatte die Beschäftigen in seiner Langzeitumfrage sozioökonomisches Panel auch nach ihrer tatsächlichen Arbeitszeit gefragt. Werden unbezahlte Überstunden beim Stundenlohn berücksichtigt, erhielten demnach sogar 2,6 Millionen Beschäftigte weniger als den Mindestlohn.Keinen Anspruch haben Selbstständige, Auszubildende und Beschäftigte in Branchen mit Übergangsfristen. Werden sie mitgezählt, erhalten sogar 4,4 Millionen Erwerbstätige weniger als den Mindestlohn, sagt das DIW.

 

Insgesamt habe der 2015 eingeführte gesetzliche Mindestlohn bedeutende Lohnsteigerungen gebracht, sagte Fedorets. "Jetzt muss alles daran gesetzt werden, dass der Mindestlohn tatsächlich alle erreicht, denen er laut Gesetz auch zusteht". Zu Jahresbeginn 2017 war der Mindestlohn auf 8,84 Euro gestiegen.

Von: md

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