Solidarität mit Griechenland: Demokratie unter Beschuss

14.03.2012 | Bis auf den letzten Stehplatz war der große Saal im Berliner IG Metall-Haus besetzt. 300 Menschen zeigten ihre Solidarität mit den griechischen Beschäftigten, die die harten Konsequenzen der Sparpolitik in der Krise tragen müssen. Noch schlimmer ist: Dabei droht die Demokratie unter die Räder zu kommen.

Foto: transit Berlin

Der Stahlarbeiter Panagiotis Katsaros ist einer von ihnen. Er gehört zu der Belegschaft eines seit Monaten bestreikten und besetzten Stahlwerkes in der Nähe von Athen. Er und die Journalistin  Konstantina Daskalopulou von der linksliberalen Tageszeitung Elefterotypia sowie der griechische Arbeitsrechtler Apostolos Kapsalis waren der Einladung zu der Veranstaltung gefolgt.


Unter dem Titel "Griechenland – Demokratie unter Beschuss"  stand zur Diskussion, welche Folgen die Griechenlandpolitik der EU  für die deutschen Gewerkschaften haben könnte. Als Vertreter der deutschen Gewerkschaften nahm Dierk Hirschel, ehemaliger Chefökonom des DGB, teil. Eingeladen hatte der Arbeitskreis Internationalismus der IG Metall Berlin, die Gruppe  'real Democracy now Griechenland / Berlin, und der ver.di Bereich Medien.


Der Soziologe Gregor Kritidis fasste die Situation so zusammen: Von der ökonomischen Entwicklung der letzte Jahre profitierten die griechischen Oberschichten, die praktisch keine Steuern zahlten und zwei Milliarden Euro in der Schweiz bunkerten. Gewinner waren auch deutsche und französische Konzerne, die an großen Infrastrukturprojekten in Griechenland beteiligt waren, sowie .Profitiert haben auch die Rüstungskonzerne, die in großem Umfang Panzer, Fregatten, U-Boote und Kampfflugzeuge nach Griechenland lieferten.


Allein 2010 hat der griechische Staat eine Milliarde Euro für Rüstungsgüter ausgegeben. Hätten die Griechen ihre Aufträge storniert,  hätten die deutsche und französische Regierung das Rettungspaket nicht freigegeben. Im Kern werden Banken, Versicherungen und  institutionelle Anleger gerettet – zu Lasten der Mittel- und Unterschichten.


Panagiotis, der Stahlarbeiter, bei “Chalyvourgia Elladas” berichtete von der Besetzung des Stahlwerks und dem seit 135 Tagen andauernden Streik. In täglichen Versammlungen entscheiden die ArbeiterInnen über die nächsten Schritte. Der Streik wird von den der Basisorganisationen der griechischen Metallgewerkschaft getragen. Es geht um die Verteidigung der Rechte der Beschäftigten, gegen Lohnkürzungen und für den Erhalt von Tarifverträgen.


Konstantina, die Journalistin, berichtete eindrucksvoll von den dramatischen Verhältnissen in denen die Menschen in Griechenland derzeit leben: Von den Suppenküchen, wo es für Menschen, die teilweise keinerlei Einkünfte mehr haben, etwas Warmes zu essen gibtr. Allein in Athen nutzen täglich ca. eine viertel Million Menschen diese karitative Einrichtung. Auch die Zahl der Obdachlosen und der Menschen, die keinerlei Zugang zu medizinischen Leistungen haben, ist in den letzten Monaten rasant gewachsen.


Der Arbeitsrechtler Apostolos Kapsalis sieht Griechenland als europäisches Versuchslabor. Im Schattten der Krise wird die Aushöhlung der Gewerkschaftsrechte massiv vorangetrieben. Die griechische Regierung hat auf Druck der EU-Troika ein Gesetz erlassen, das Lohnerhöhungen verbietet, bis die Arbeitslosigkeit auf zehn Prozent zurückgegangen ist – ein massiver Eingriff in die Tarifautonomie. Ähnliche Programme werden auch für Spanien, Portugal, Italien und vielleicht auch bald für Frankreich geschrieben.


Dieser Einschätzung stimmte auch Dierk Hirschel vom ver.di-Bundesvorstand zu. Er vertrat die Auffassung, dass eine kämpferische Tarifrunde in Deutschland, in der  Lohnerhöhungen durchgesetzt würden, eine Unterstützung für die anderen Beschäftigten in Europa wäre.
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Von: md

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