Vertrauenskörperleiter aus Berliner Metallbetrieben unterstützen BVG-Streik

18.03.2008 | IG Metaller und Metallerinnen aus Berliner Betrieben haben Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) in einem offenen Brief aufgefordert, seinen Einfluss als Aufsichtsratsvorsitzender der BVG geltend zu machen, um den Tarifkonflikt im öffentlichen Nahverkehr beizulegen. "Sorgen Sie dafür, dass unseren Kolleginnen und Kollegen ein verhandlungsfähiges Angebot vorgelegt wird", heißt es in einem offenen Brief an Sarrazin. Viele Beschäftigte der Berliner Metallbetriebe hätten großes Verständnis dafür, dass die Beschäftigten der BVG deren Tochter BT die steigenden Belastungen und ständige Leistungsverdichtung nicht mehr hinnehmen wollen und streiken. Seit sieben Jahren würden sie auf Lohnerhöhungen verzichten, das Urlaubs- und Weihnachtsgeld wurde gestrichen. "Die Arbeitsbedingungen haben sich ständig verschlechtert", konstatieren die Metaller. Der Wortlaut des Briefes:

Werter Herr Dr. Sarrazin,

 

wir, IG Metall-Vertrauenskörperleiter/-innen aus Berliner Metallbetrieben, unterstützen den Streik unserer Kolleginnen und Kollegen bei der BVG für ihre berechtigten Forderungen nach 8 bis 12 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 250 Euro.

Ihre Äußerung, dass die (Alt)Beschäftigten bereits jetzt weit über dem Marktwert verdienen, ist an Zynismus nur noch durch Ihre Berechnung für den Bedarf eines Hartz-IV-Empfängers zu überbieten, dem Sie nicht einmal den Tagessatz für Lebensmittel von 4,14 Euro zubilligen wollen.

 

Der Marktwert der Ware Arbeitskraft ist in den vergangenen Jahren durch geschürte und reale Angst um den Arbeitsplatz, durch die repressiven Hartz-IV-Regelungen und durch massive öffentliche Einsparungen erheblich gedrückt worden. Dazu gehört auch, dass die seit 2005 bei der BVG/BT neu Eingestellten wesentlich weniger verdienen.

 

Die Absenkung des Lohnniveaus im öffentlichen Dienst ist nicht zuletzt Ihr „Verdienst“.

 

Während Arbeitnehmereinkommen abgesenkt werden, erhöhen sich die Manager immer dreister ihre eigenen Gehälter. Sie müssen darüber nicht verhandeln, sie dürfen sich selbst aus den von uns erarbeiteten Gewinnen bedienen. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer.

 

Als Aufsichtsratsvorsitzender der BVG und als gewählter Senator tragen Sie Verantwortung für das gute Funktionieren des öffentlichen Nahverkehrs. Für unsere Kolleginnen und Kollegen in den Berliner Metallbetrieben sind Busse und Bahnen für den Arbeitsweg unverzichtbar.

Ein preiswerter öffentlicher Verkehr ist auch ein Steuerungsinstrument für mehr Klimaschutz.

 

Ihre Drohung, erhöhte Lohnkosten auf die Fahrpreise umzulegen, sehen wir als Angriff auf unsere eigenen Portemonnaies. Im Übrigen: Seit Jahren wurden die Fahrpreise regelmäßig trotz sinkender Personal- und Lohnkosten erhöht. Erhöhte Fahrpreise aber lassen viele Menschen wieder auf das Auto umsteigen.

 

Das Klima und damit auch die Lebensqualität der Berlinerinnen und Berliner würden sich weiter verschlechtern. Wir fordern Sie auf, Ihren Einfluss geltend zu machen. Beenden Sie Ihre Blockadepolitik! Machen Sie endlich ein verhandlungsfähiges Angebot, das für alle BVG- und BT-Beschäftigten eine deutliche Lohnerhöhung vorsieht. Hören Sie auf, mit flachen und unprofessionellen Schuldzuweisungen die Bürger gegen die Streikenden aufzuhetzen.

 

Es ist keiner der Streikenden schuld, dass Sie Fahrpreise erhöhen und Kioske in den Bahnhöfen ggf. in Insolvenz gehen müssen. Der Streik ist ein Recht eines jeden Arbeitnehmers - auch für die BVG-Beschäftigten.

Geld ist genug da, Herr Dr. Sarrazin. Beauftragen Sie ihre Steuerbeamten, es dort zu holen, wo es im Überfluss vorhanden ist (z. B. in Liechtenstein).

 

IG Metall-Vertrauenskörperleiter/-innen

Detlef Fendt, Daimler AG Mercedes-Benz Werk Berlin

Michael Kutz, Gillette Deutschland GmbH & Co oHG.

Susanne Buchert, Siemens AG PTD Energy Automation Berlin Messgerätewerk

Martin Streitberger, Siemens AG SW/SWH

Andreas Schmidt, Siemens AG Dynamowerk - A&D LD

Hüseyin Akyurt, BSH Bosch und Siemens Hausgeräte GmbH

Uwe Splittgerber, Emerson Climate Technologies GmbH

Roman Schott, Schindler Aufzüge und Fahrtreppen GmbH

Markus Dahms, IBM Network Services & Solutions GmbH

Hartmut Meyer, Nokia Siemens Networks Management GmbH

Claus Thiemig, BMW AG Werk Berlin

Thomas Freund, Siemens AG SW/SWH

Lennart Kunde, Siemens AG PG Gasturbinenfertigung

Petra Kirstein, BMW AG NL Berlin

Harm Winter, Otis GmbH & Co. OHG Hauptverwaltung

Hans-Peter Brodersen, Tektronix Berlin GmbH & Co. KG

Wolfgang Koss, Otis GmbH & Co. OHG Büro Berlin Mitte

Claudia Fuhrmann, Osram GmbH Werk Berlin Spandau

Petra Kirstein, BMW AG NL Berlin

 

Von: bk

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