Tischlerhandwerk

Wir bringen Bewegung ins Berliner Tischlerhandwerk!

03.07.2020 | Tarifpolitik ist wie das Bohren dicker Bretter. Mit Geduld und Ausdauer kommt man weiter. Im Jahr 2016 hat die IG Metall für das Tischlerhandwerk Berlin einen über mehrere Jahre laufenden Tarifvertrag abgeschlossen. Viele Kolleginnen und Kollegen haben sich zuvor über Wochen und Monate engagiert zu Wort gemeldet, Aktionen geplant und diese beispielsweise an den Berufsschulen durchgeführt.

Foto: Goodluz/panthermedia.net

„Eine herausragende Beteiligung – mit sehr gutem Ergebnis!“, sagt Bodo Grzonka, Verhandlungsführer der IG Metall. „Gemeinsam konnten wir wirklich viel erreichen!“

Die wirtschaftliche Lage im gesamten Handwerk ist seit Jahren auf historischen Höchstwerten. Auch die Corona-Pandemie hat das Handwerk kaum berührt. Natürlich gibt es vereinzelt Probleme wie im Laden- oder Messebau. Aber das Handwerk ist kreativ und hat hervorragende Fachkräfte, die flexibel sind und alles schaffen können.

Allerdings gibt es ein viel gravierenderes Problem im Handwerk, das weit über eine Pandemie hinausgeht: Ausreichend Fachkräfte! In Berlin wurde zwar auf gutem Niveau ausgebildet, doch viele Junggesellen wechselten in andere Unternehmen, vorrangig in die Industrie. Das Handwerk hatte den Anschluss verloren. Lange Zeiten ohne Tarifvertrag haben die Einkommen in Berlin dramatisch sinken lassen. Nach wie vor ist für viele Nicht-Innungs-Betriebe der gesetzliche Mindestlohn die einzige Auffanglinie nach unten.

„Das konnte nicht gut gehen“, sagt Bodo Grzonka. „Teilweise waren die heutigen Bedingungen sogar deutlich schlechter, als die alten Regelungen der Tarifverträge, die mit der Gewerkschaft Holz und Kunststoff in den 1990er Jahren ausgehandelt wurden.“ Die Tischlerinnung hat das rechtzeitig erkannt und einen Kurswechsel mit der IG Metall eingeleitet. So entstand nach einigen Verhandlungsrunden ein neues Tarifpaket. Einkommen, Arbeitszeit, Urlaubs- und Weinachtgeld sowie ein eigenständiger Mindestlohn sind hier die Stichworte.

Arbeitszeiten und Sonderzahlungen
„Die tarifliche Arbeitszeit konnten wir um 1,5 Stunden absenken“, so Grzonka. Seit dem 1. Januar 2019 gilt eine 38,5 Stunden-Woche. Die Einkünfte sind dabei gleichgeblieben. Das zusätzliche Urlaubsgeld beträgt 50 Prozent eines Monatseinkommens und das Weihnachtgeld bis zu 40 Prozent eines Monatsverdienstes. Damit haben die Beschäftigten im Berliner Tischlerhandwerk wieder einen geregelten Rahmen, wie lange sie arbeiten müssen und zur welchen Bedingungen sie in ihrem Beruf tätig sind.

Stufenweise Einkommenserhöhungen
Über die gesamte Laufzeit von fünf Jahren erhöhen sich die Einkommen um 14 Prozent. Die letzte, vereinbarte Stufenerhöhung beträgt plus 3,6 Prozent und gilt jetzt ab dem 1. Juli 2020. Das Eckentgelt für Gesellen in der Gruppe 3.3 steigt demnach von 13,42 auf 13,90 Euro je Stunde, beziehungsweise auf 2.328,25 Euro im Monat. Diese Entgelterhöhung wirkt sich auch auf die Auszubildenden aus. Für eine Mehrarbeitsstunde erhalten sie nun 10,25 Euro. „Das ist das von uns ausgehandelte Mindestentgelt pro Stunde im Tischlerhandwerk“, sagt Bodo Grzonka. Weiterhin steigt mit der Tariferhöhung auch das Urlaubsgeld, das seit Anfang des Jahres 50% des monatlichen Eckentgeltes beträgt.

Neue Entwicklung für Auszubildende
„Vor wenigen Tagen haben wir mit der Tischlerinnung Berlin weitere wichtige Eckpfeiler gesetzt und Verabredungen für die künftige Tarifentwicklung getroffen“, erklärt Grzonka. "So haben wir Entwicklung der Ausbildungsvergütungen und Arbeitszeit der Auszubildenden neu vereinbart." Die Arbeitszeit der Auszubildenden wird in drei Schritten bis September 2021 um 1,5 Std. auf 38,5 Std / Woche, wie für die Gesellen bereits im MTV geregelt, verkürzt. Zum 1.9.2020 auf 39,5, zum 1.3.2021 auf 39 und ab dem 1.9.2021 auf final 38,5 Stunden pro Woche. Es gibt zusätzlich eine moderate Erhöhung je nach Ausbildungsjahr: Im 1. Ausbildungsjahr gibt es ab September 620 Euro, im 2. Ausbildungsjahr 765 Euro und im 3. Ausbildungsjahr 935 Euro im Monat.

„Darüber hinaus werden wir mit der Innung bereits im Frühjahr 2021 über die Ausbildungsvergütungen und die Geselleneinkommen gemeinsam beraten und verhandeln“, ergänzt Bodo Grzonka. „Normalerweise wären die Verträge erst zum Ende Juli 2021 zu kündigen.“

Weitere Perspektiven – Viel Platz zum Mitmachen!
Ein weiteres Thema ist die Allgemeinverbindlichkeit. Das heißt, dass wir unsere Tarifverträge durch das Arbeitsministerium allgemeinverbindlich erklären lassen wollen, damit jeder Tischlerbetrieb in Berlin diese Einkommen mindestens bezahlen muss. Auch die Betriebe, die nicht in der Innung sind. Die Innung wird das intern beraten und mit uns dann auf den Weg bringen.

Auch über eine Reform des Ausbildungssystems wurde beraten. Besprochen wurden Weiterbildung, Ausbildung plus, Berufsgrundbildungsjahr und viele interessante Ideen. „Bis September wollen wir das konkreter fassen und in einer gemeinsamen Veranstaltung mit Fachleuten und Politik beraten“, so Bodo Grzonka.

Es tut sich was im Handwerk! Sei dabei! Mitglied werden und mitentscheiden!
„Die letzten Jahre haben gezeigt, dass wir gemeinsam mit kreativen Ideen und Aktionen eine Menge erreichen können. Wir laden ein mitzumachen. Bereits im September wird es losgehen. Unsere Angebote zum Mitmachen folgen nach der Urlaubszeit“, so Bodo Grzonka.

 

Von: bg-aw

Unsere Social Media Kanäle