Aktionstage der IG Metall

Lautstark und bunt: Aktionstage gestartet

10.09.2020 | Hunderte Metallerinnen und Metaller haben sich am Donnerstag in der Region Sachsen, Brandenburg und Berlin mit unterschiedlichsten Aktionen für betriebliche Mitbestimmung und Arbeitnehmerrechte eingesetzt. Drei Tage lang will die IG Metall in Berlin, Brandenburg und Sachsen auf die vielfältigen Probleme in der Automobilindustrie, im Maschinenbau, in der Stahlindustrie, bei den Zulieferern und in der Kontraktlogistik aufmerksam machen.

Aktion bei Mahle am 10. September - Foto: Igor Pastierovic

Aktion bei Mahle - Foto: Igor Pastierovic

Aktion beim Autozulieferer Grammer

Spalier der Beschäftigten bei Schaeffler in Luckenwalde - Foto: IG Metall

Aktion bei Schaeffler in Luckenwalde - Foto: IG Metall

Aktion bei Otis am 9. September 2020 in Berlin - Foto: Christian von Polentz/transitfoto.de

Warnstreik beim Kontraktlogisitker Seifert Logistics in Leipzig - Foto: IG Metall

Warnstreik beim Kontraktlogisitker Seifert Logistics in Leipzig - Foto: IG Metall

Aktion bei Vitesco Technologies - Foto: IG Metall

Aktion bei thyssenkrupp System Engineering - Foto: IG Metall

Die bezirksweiten Aktionstage stehen unter dem Motto „Damit wir auch Morgen gute Arbeit haben: Beschäftigung sichern! Zukunft sicher und fair!“

Tarifergebnis bei Schnellecke in Sachsen

Nach 17 Stunden harter Verhandlung konnten die Beschäftigten beim Logistikdienstleister Schnellecke am Standort Glauchau mit einem breiten Lächeln im Gesicht in den Tag starten: 6 Prozent mehr plus Corona-Prämie lautete in den frühen Morgenstunden das Ergebnis der dritten Tarifrunde. Bei Schnellecke in Sachsen arbeiten insgesamt rund 2.200 Beschäftigte an den Standorten in Leipzig, Glauchau und Dresden. Ohne Einigung mit dem Arbeitgeber hätte dem Unternehmen, das eng mit Volkswagen verzahnt ist, ein Warnstreik ins Haus gestanden. Auch beim Autobauer selbst lief zum Auftakt der drei Tage eine Aktion der IG Metall, um den Beschäftigten unter den entsprechenden Corona-Auflagen eine Stimme zu geben.

Aktion beim Autozulieferer Grammer

Beim Automobilzulieferer Grammer machten sich die Kolleginnen und Kollegen zum bezirksweiten Aktionstag mit einer Postkarten-Aktion Luft, nachdem ihr erster Warnstreik Ende Juli bislang ergebnislos geblieben ist. Die Beschäftigten haben ihren Arbeitgeber persönlich angeschrieben, um nochmals ihre Erwartungen im Rahmen der Tarifverhandlungen deutlich zu machen. Sie fordern den Abschluss eines Tarifvertrags, der die schrittweise Angleichung der Arbeitsbedingungen an die Flächentarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in Sachsen verbindlich regelt.

„Mit der Aktion geht es uns darum, dem Arbeitgeber für die nächsten Verhandlungen nochmal mitzugeben, dass wir ein deutlich verbessertes Angebot erwarten. Die Arbeitsbedingungen auf dem gegenwärtigen Niveau festzuschreiben und dann erst ab 2022 wieder über eine Weiterentwicklung der Entgelte zu verhandeln, ist für uns nicht hinnehmbar und lässt uns nicht die Anerkennung zukommen, die wir uns tagtäglich mit der Arbeit, die wir hier leisten, verdient haben“, sagte Jens Felgenhauer, Mitglied der Verhandlungskommission. Das Entgeltniveau ist im Vergleich zu allen anderen Grammer Standorten extrem niedrig. Die Tarifauseinandersetzung am Standort läuft bereits seit Ende 2018.

Aktion bei Mahle in Heiningsdorfergrund

Bei Mahle im vogtländischen Heinsdorfergrund versammelten sich rund 120 Kolleginnen und Kollegen aus der Früh- und Spätschicht vor dem Werktor und forderten „Der Ofen bleibt hier!“ Dazu erklärte Thomas Knabel, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Zwickau: „Ich mache mir Sorgen um die möglichen Verlagerungsabsichten eines Lötofens durch die Konzernleitung. Es geht hier um Menschen, die eine überragende Arbeit leisten. Ich verlange, dass bei allen Entscheidungen, die für den Standort getroffen werden, der Betriebsrat ordnungsgemäß beteiligt wird. Wir werden uns jetzt ernsthaft mit der Konzernleitung und dem Betriebsrat zusammensetzen, um dem MAHLE-Werk in Heinsdorfergrund eine sichere Zukunft zu geben.“

Schlechte Nachrichten für die Beschäftigten bei Schaeffler in Luckenwalde

Für 450 Kolleginnen und Kollegen bei Schaeffler in Luckenwalde startete der Tag mit bedrohlichen Nachrichten. Auf einer Belegschaftsversammlung am 10. September um 8.30 Uhr wurden der Belegschaft die Abbau- und Verkaufs-Pläne der Geschäftsführung von vom Vorstandsmitglied Matthias Zink erläutert. Zink erklärte, dass die bestehende Produktion in großen Teilen verlagert und 140 Arbeitsplätze abgebaut werden sollen. Das verbleibende Werk solle verkauft werden. Der kleine Standort von Schaeffler in Luckenwalde mit rund 400 Beschäftigten ist seit Jahren Vorzeigewerk und Karrieresprungbrett im Konzern. Spontan stellte sich die anwesende Belegschaft zum Spalier auf, durch das der angereiste Vorstand gehen musste. Die Kolleginnen und Kollegen machten damit deutlich: „Auch Luckenwalde gehört zu Schaeffler!“ "Wir werden das Werk nicht kampflos aufgeben“, erklärte Tobias Kunzmann, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Geschäftsstelle Ludwigsfelde. „Schaeffler ist als tarifgebundener Betrieb in Luckenwalde ein industrieller Leuchtturm, der über Jahrzehnte erhalten werden konnte."

Aktion bei Otis in Berlin

Bei Otis in Berlin breitete sich im Mai ein Feuer vom Nachbargelände auf die Otis-Produktion der Leiterkarten aus. Vier Monate später hat der Aufsichtsrat verkündet, den Großteil dieser Produktion am Standort schließen und außerhalb Deutschlands neu aufbauen zu wollen. Eventuell werde eine der drei Produktionslinien wieder aufgebaut. Gut 70 Kolleginnen und Kollegen sehen ihrer Entlassung entgegen. „Das ist eine bodenlose Frechheit“, sagt Jan Otto, der frisch gewählte Erste Bevollmächtigte der IG Metall Berlin. „Einen Brand auf dem Werksgelände nutzen zu wollen, um hochprofitable  Industriearbeitsplätze in Berlin in der Hoffnung auf ein bisschen mehr Marge in Niedriglohnländer verschieben zu wollen, empfinde ich als schäbig. Otis ist hochprofitabel und sollte den Brand nutzen, um gemeinsam mit den betroffenen Kolleginnen und Kollegen am Standort Berlin in die Zukunft und in gute Arbeitsplätze zu investieren. Dafür werden wir als IG Metall Berlin streiten.“

Aktionen in Leipzig

In den frühen Morgenstunden am 10. September hat die IG Metall nach harten Verhandlungen mit den Arbeitgebern von Schnellecke Sachsen ein Tarifergebnis erzielt. Begleitet waren diese Verhandlungen von ersten Warnstreiks von 40 Beschäftigen der Fa. Seifert Logistics (Porsche) mit Beginn der Spätschicht. „Ein sehr guter Abschluss. Richtungweisend für die rund 3.400 Beschäftigten aus zehn Betrieben in den aktuellen Tarifauseinandersetzungen in der Kontraktlogistik im Umfeld bei BMW und Porsche und zugleich stilbildend für die Durchsetzung eines Flächentarifvertrages für die Branche in Sachsen“, sagte Bernd Kruppa, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Leipzig.

Aktionen in Chemnitz

Arbeitsplatzabbau, Angriffe auf tarifliche Standards und die Mitbestimmung, drohende Insolvenzen oder Standortschließungen: Die Lage in der Chemnitzer Region bei der Automobilzuliefererindustrie, im Maschinenbau, bei den Industriedienstleistern, in der Kontraktlogistik spitzt sich zu. „Wie in einem Brennglas wirken die Herausforderungen des Wandels auch auf die Chemnitzer Wirtschaft. Die Energie- und Mobilitätswende ist ein Beispiel dafür. Auch ohne Corona ist das eine riesige Herausforderung für die Beschäftigten in unserer Region. Aktuell verschärft sich die Situation zunehmend“, so Mario John, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Chemnitz am Rande der Aktion bei Vitesco Technologies. Auch der Automobilzulieferer Continental hatte vor kurzem angekündigt, dass der bereits 2019 beschlossene Personalabbau im Konzern weiter verschärft werden soll. Damit wir auch Morgen gute Arbeit haben: Beschäftigung sichern! Zukunft sicher und fair gestalten, zeigten heute Betriebsräte und Vertrauensleute von Vitesco Technologies zum Conti-Aktionstag Flagge. Sie machten deutlich, dass sie hinter der Forderung der IG Metall für eine tragfähige Zukunftsbrücke bei Continental stehen. Der Limbacher Betriebsrat drückt beim Vorstand von Vitesco weiter aufs Tempo, wenn es um neue Produkte für den hiesigen Standort geht. Etwas anders ist die Situation beim Flugzeugmotorenbauer Continental Aerospace in Lichtenstein. Mit Blick auf die anstehende Tarifrunde stellten die Beschäftigten in ihrer aktiven Mittagspause schon einmal klar: Arbeitszeitverkürzung sichert Beschäftigung!

Die Beschäftigten von thyssenkrupp System Engineering mit Standort in Hohenstein-Ernstthal und in Chemnitz wollen endlich Sicherheit für ihre Zukunft. In den letzten Wochen und Monaten war es eher „heiße Luft“, die vom Management produziert wurde, wenn es um Geschäftsideen für hier vor Ort ging. Doch auch sie stecken den Kopf nicht in den Sand. Viele rote Ballons mit angehängten Wunschkarten stiegen am Mittag in Hohenstein-Ernstthal und Chemnitz gen Himmel. Mit dieser Aktion zeigte die Belegschaft, dass sie geschlossen für den Standort und das vorhandene Know-how stehen. „Hier bei thyssenkrupp System Engineering am Standort in Hohenstein-Ernstthal und Chemnitz arbeiten wie überall engagierte Kolleginnen und Kollegen, denen ihr Produkt und ihr Betrieb am Herzen liegt. Sie sind die wahren Profis ihrer Arbeit. Die Arbeitgeber wären schier verrückt, wenn sie dieses Wissen nicht bei der Zukunftsgestaltung von Anfang an einbeziehen“, so Anne Zeumer, Zweite Bevollmächtigte.

 

 

Von: aw

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