Zur Europa-Wahl: Schluss mit arbeitnehmerfeindlicher Politik der EU!

23.01.2009 | Die Idee eines grenzenlosen Europa ist gut und vernünftig, aber ein Europa der Unternehmen und des Sozialdumpings lehnen Gewerkschafter ab. Mit diesem Tenor diskutierten Gewerkschafter auf einer Tarifpolitischen Konferenz des DGB Berlin-Brandenburg unter dem Motto „Arbeit für alle oder Arbeit ohne Ende?“ in dieser Woche in Berlin. Es gelte, aus der aktuellen globalen Wirtschafts- udn Finanzkrise Lehren zu ziehen. Der Einsatz für ein soziales Europa sei ein wichtiges Kriterium für die Entscheidung von Gewerkschaftsmitgliedern bei der bevorstehenden Europawahl, sagte Doro Zinke, stellvertretende Vorsitzende des DGB Berlin-Brandenburg.

Ohne Regelwerk und Schutzrechte geht es nicht, sagte Zinke. Diese Lehre müsse auch die Europäische Union ziehen und sich auf verbindliche Sozialstandards zu Arbeitszeit, Tarifbindung und Mitbestimmungsrechten festlegen. Die Europawahl im Juni werde auch zur Abstimmung darüber, wie sozial der Europäische Wirtschafts- und Lebensraum geprägt sei.  Die Tarifpolitik müsse in den EU-Zusammenhang gestellt werden, damit Gewerkschaften ihre Schutzfunktion auch qualifiziert und unbehindert ausüben könnten,  so Zinke.

Zinke zeigte sich zuversichtlich, die arbeitnehmerfeindliche Arbeitszeitrichtlinie der EU, die Arbeitszeiten bis zu 65 Stunden pro Woche möglich mache, noch zu kippen. Das Europäische Parlament hatte die Richtlinie nach starken Protestaktionen von Arbeitnehmern in Berlin und Straßburg im Dezember abgewiesen.

 

Bereits jetzt arbeitet in Deutschland jeder dritte mehr als 42 Stunden. Nacht- und Schichtarbeit nimmt seit Beginn der 90er Jahre zu und sorgt für beträchtliche gesundheitliche Risiken und sogar Schäden, bis hin zur Arbeitsunfähigkeit. Dank tariflicher Lösungen habe Deutschland sehr flexible Arbeitszeitregelungen, so Zinke. Die Gewerkschaften müssten jedoch dafür, dass Arbeits- und Gesundheitsschutz einen noch höheren Stellenwert in den Firmen einnehmen kann.

Wachsende Arbeitsbelastungen wie Schichtarbeit und Stress durch Arbeitsintensivierung führten jedoch zu einem drastischen Anstieg u. a. von psychischen Erkrankungen. Allein in Berlin und Brandenburg gingen nach DGB-Berechnungen pro Jahr 2,6 Milliarden Euro an Produktionsleistung durch Arbeitsunfähigkeit verloren. Mehr Prävention und Gesundheitsschutz könnten hier eine Entlastung bringen. Laut DGB-Index „Gute Arbeit“ fühlten sich 48 Prozent der Befragten deutschen Arbeitnehmer nach der Arbeit regelmäßig „leer und ausgebrannt“.

Die letzten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes gegen die Tarifautonomie seien arbeitnehmerfeindlich, weil sie die Wirtschaft privilegieren und Arbeitnehmer nur als Kostenfaktor sehen. Europa benötige eine neue Grundwertedebatte, damit die EU vom Kopf wieder auf die Füße gestellt werde. Bei den Sozialstandards gebe es erheblichen Nachholbedarf. Es gehe nicht allein um bessere Verwertungsbedingungen der Wirtschaft, sondern in erster Linie um humane Arbeitsbedingungen, so Zinke.

Von: md

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