Zusammenhalt von Anfang an: Junge IG Metaller bei Kollegen in Russland

25.07.2013 | Das Kapital ist flexibel, aber wir sind es auch. Es zieht Extragewinne aus Lohndumping zum Beispiel in Russland und erpresst damit deutsche Belegschaften. Junge IG Metaller aus dem Bezirk haben was dagegen.

Foto: IG Metall

"Dem setzen wir etwas entgegen, das die andere Seite nicht hat: Solidarität", sagt Sebastian Jacobi, Teilnehmer eines Projekts, das junge deutsche und russische Gewerkschafter vom Automobilstandort Togliatti zusammenbringt.

 

"Wir sind 34 ehrenamtliche Gewerkschafter, wollen uns vernetzen, international handlungsfähig werden und die Jugendarbeit verbessern. Die Unternehmen sollen sehen: Wo auch immer sie sich niederlassen, wir Gewerkschafter sind auch da", sagt Jacobi.

 

Hier ist Sebastians Bericht vom letzten Treffen:

 

In den letzten Jahrzehnten hat das Kapital eine unglaubliche Flexibilität entwickelt. Standorte werden wie in Strategiespielen über Ländergrenzen hin- und hergeschoben. Was zählt, ist immer mehr Profit – und möglichst wenig Lohn. „Diesem Lohndumping können wir nur Solidarität entgegensetzen. Wir müssen uns vernetzen und austauschen, um das zu unterbinden. Denn egal, wo die Unternehmen sich niederlassen, wir Gewerkschafter sind vor Ort“, sagt Sebastian Jacobi, Teilnehmer eines IG Metall-Projekts in Togliatti (Russland).

 

Bei diesem Projekt  treffen sich 34 ehrenamtliche Gewerkschaftler, um sich zu vernetzen, internationale Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln und die Jugendarbeit zu verbessern. Der Austausch findet in Deutschland und Russland statt und geht über zwei Jahre.

 

Startschuss war im Herbst 2012.? Nach dem Kennenlernen verglichen wir unsere betriebliche und überbetriebliche Gewerkschaftsarbeit. Ich konnte es nicht glauben, dass unsere russischen Kollegen weder Jugendvertreter noch Betriebsräte haben. Eine Situation, als würde alles auf den Vertrauensleuten lasten. Sie organisieren sich in Komitees: Deren Mitglieder haben die Möglichkeit, sich einige Stunden während der Arbeit  für die Gewerkschaftstätigkeit freizustellen. Hier sind wir nicht verschieden, wir müssen uns die Zeit nehmen, uns durchsetzen und dürfen uns nicht vom Arbeitgeber unter Druck setzen lassen. Als Ekaterina Platonova erfährt, wie wir bei der IG Metall unsere Forderungen durchsetzen, ist sie erstaunt. Sie überlegt, ob sie damit auch mehr erreichen könnten. „Streiks sind sehr interessant, bei uns sind sie jedoch aus einer ganzen Reihe von Gründen unmöglich“, erklärt Ekaterina.  Es wird so lange verhandelt, bis die Parteien ein gutes Ergebnis erreichen.

 

Heiß diskutiert wurde die beteiligungs- und aktionsorientierte Arbeit. Ob in Russland oder Deutschland, ohne die Kollegen können wir nichts durchsetzen. Während wir IG Metaller vor allem die Berufstätigen erreichen, werden unsere russischen Kollegen schon bei den Jüngeren aktiv. Sie organisieren Sportveranstaltungen und Jugendcamps für Mitglieder im ausbildungsfähigen Alter, betreuen Kindercamps und gehen an Grundschulen.

 

Im Bildungsbereich setzt die Gewerkschaft für Automobil- und Landmaschinenbau (ACM) stark auf eine aufgabenbezogene Weiterbildung ihrer Funktionäre. Gesellschaftspolitische Seminare wie bei uns existieren nicht.? 

 

Nun haben wir einen ersten Überblick über unsere Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Für das nächste Seminar gibt es schon eine Hitliste, mit der wir ins Detail gehen wollen: Motivation und Beteiligung stärken,  Information und Kommunikation ausbauen,  Aktionen planen und durchführen, Kinder- und Hochschularbeit organisieren, Gewerkschaftliche Qualifizierung,  Positionen und Grundsätze im Jugendbereich,  Internationale Solidarität stärken. Wir werden weiter darüber berichten.

 

Von: md

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