Tarifverträge und gute Ausbildung machen Handwerk attraktiv: Potsdamer Gesellentag in Caputh

15.02.2014 | Gute Ausbildung und gute Arbeitsbedingungen machen das Handwerk attraktiv für dringend gesuchten Berufsnachwuchs. "Tarifverträge sind das effektivste Mittel, gute Leute anzuziehen und zu binden, sie können Innovationen im Handwerk antreiben", sagte IG Metall-Bezirksleiter Olivier Höbel am 15. Februar auf dem 18. Potsdamer Gesellentag in Caputh.

Foto: IG Metall

Unter dem Motto "Handwerk zwischen Zunft und Zukunft" trafen sich rund 70 Vertreter der Handwerkskammer Potsdam, Gewerkschafter und Betriebsräte sowie Politiker. Die brennendste Frage des Meinungsaustauschs: Wie sichern wir beruflichen Nachwuchs für das brandenburgische Handwerk?

 

Handwerk attraktiv und innovativ mit Tarifverträgen

Erfolgversprechend und zukunftssichernd sind zweifellos Tarifverträge im Handwerk, sagte Olivier Höbel, Bezirksleiter der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen. Seine Erfahrung: Wer sich aus Tarifverträgen verabschiedet hat, entzieht sich auch der Verantwortung für gute Ausbildung. Tarifverträge, die  Bezahlung, Urlaub und Zulagen verlässlich regeln, hätten innovative Wirkung auch für das Handwerk. "Wenn ein Geselle nach Jahren der Berufspraxis nicht viel mehr verdient als ein An- oder Ungelernter mit Mindestlohn, dann motiviert dies nicht zu Höchstleistungen und führt sogar zur Abwanderung in andere Bereiche, die bessere Bedingungen bieten", so Höbel. "Tariffreiheit", also Bezahlung nach Gutdünken, führe zu viel verhängnisvolleren Zwängen sagte Höbel. Viele Handwerksmeister sehen jetzt: Der Wettlauf um das billigste Angebot, oft erkauft durch Niedriglohn, hat das Handwerk in einen ruinösen Wettbewerb gezogen. "Wie billig jemand auch einen Auftrag anbietet: Weil verlässliche Regeln fehlen, findet sich immer jemand, der ihn unterbietet." Arbeitgeber haben das erkannt. 2013 bekannten sich die Mitglieder der Handwerkskammer zu Tarifverträgen. "Ein sehr guter Ansatz", sagte Thomas Erdmann, Vizepräsident der Handwerkskammer. "Es wird jedoch Zeit brauchen, ein System tariflicher Bezahlung wieder aufzubauen."

 

 

Konkurrenzkampf um jeden Azubi

Für das Ausbildungsjahr 2014/15 sind im Potsdamer Handwerksbezirk derzeit 472 freie Lehrstellen in einer Online-Jobbörse aufgelistet: Vom Elektronier über Kfz-Mechatroniker bis hin zum Maurer.

 

Das Problem: Derzeit gibt es wegen geburtenschwacher Jahrgänge dramatisch weniger Schulabgänger, und die starken Babyboomer-Jahrgänge von 1958 bis 1963 werden die Betriebe in den kommenden Jahren verlassen. Das erzeugt einen harten Konkurrenzkampf um jeden potenziellen Azubi. Mitkonkurrenten sind die Industriekonzerne und die mittelständischen Betriebe. ausgebrochen. In Brandenburg gibt es aktuell 40 000 Handwerksbetriebe mit insgesamt 160 000 Beschäftigten.

 

Studienabbrecher willkommen!

"Wir gehen verstärkt auf Studienabbrecher zu und werben an Universitäten und Hochschulen für eine praktische Ausbildung", sagte Ralph Bührig von der Potsdamer Handwerkskammer. "Kaum jemand weiß, dass ein Meistertitel jetzt genauso viel wert ist wie ein Bachelorabschluss", so Bührig. Studienabbrecher würden gern von Handwerksbetrieben eingestellt sowie aus- und weitergebildet.

 

 

 

Von: md

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