Kfz-Handwerk

Tarifkommissionen des Kfz-Handwerks beraten über gemeinsame Strategie in Ostdeutschland

15.06.2022 | Kolleginnen und Kollegen aus den ostdeutschen Tarifgebieten im Kfz-Handwerk trafen sich am 13. und 14. Juni in Grimma zu einer gemeinsamen Tarif-Klausur, um den Kurs der künftigen Tarifarbeit abzustecken. Nach über zwei Jahren pandemiebedingter Kontaktbeschränkungen, war der Gesprächsbedarf riesig und neue Herausforderungen erkennbar.

Neun Monate vor dem Auslaufen der Entgelttarifverträge im Kfz-Handwerk war die Klausur offensichtlich gut gewählt. Seit der letzten Tarifrunde im Juni 2021 haben viele Veränderungen und Herausforderungen in den Betrieben und Werkstätten stattgefunden oder sind in Vorbereitung. Der Krieg in der Ukraine und die Preisexplosion sind hierbei die schwerwiegendesten Themen. Bereits kurz- und mittelffristig erhöht sich dadurch der Druck nochmals hin zur Energiewende durch Dekarbonisierung und damit dem faktischen Ende des Verbrenners. Natürlich wurde auch eine Auswertung der vergangenen Tarifrunde vorgenommen. Durchgängig wird von einer guten Geschäftslage gesprochen. Getroffene Pläne zum Verkauf von Niederlassungen wurden sogar zurückgenommen. Ein ernstes Problem ist die Rekrutierung von Fachkräften und Auszubildenden. Die Arbeitsplatz-Alternativen sind für die Beschäftigten derzeit groß und oft deutlich besser bezahlt. Unterstützt und begleitet wurde die Klausur durch Alwin Boekhoff aus der Tarifabteilung Handwerk beim Vorstand sowie den Bezirkssekretären Markus Wente, Friedhelm Ahrens und Bodo Grzonka.

Händler und Werkstätten im stetigen Umbau

Die Hersteller und Konzerne haben ihre Strategien teils drastisch verändert. Immer mehr große Strukturen entstehen durch Zukäufe von Autohäusern. Deren Wirkungskreise gehen über die regionalen Tarifgebiete hinaus und sind vielfach über den gesamten Osten verteilt. Teilweise unterschiedliche Reglungen gelten dann innerhalb eines Unternehmens mit unterschiedlichen Standorten. Gleichzeitig werden die Unternehmen durch den selben Arbeitgeberverband in allen Ländern in Ostdeutschland vertreten. Häufig sitzen auf Arbeitgeberseite auch dieselben Personen.

Tarifbindung mit neuen Perspektiven

Die eigentlichen und natürlichen Tarifpartner im Handwerk sind die Innungen. So sieht es die Handwerksordnung vor. 2004 hatten die Landesverbände des Kfz-Gewerbes Berlin-Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen die ordentliche Kündigung aller Tarifverträge ausgesprochen. Alle Landesverbände und Innungen hatten damit ihre Tarifpartnerschaft aufgegeben. Die Folgen sind offensichtlich: Die Löhne wurden im Vergleich zu tarifgebunden Betrieben auf niedrigem Niveau gehalten und für immer weniger junge Menschen ist das Kfz-Handwerk noch eine berufliche Perspektive. Zusätzlich hat das Auto seinen hohen gesellschaftlichen Stellenwert bei Jüngeren längst verloren.

Die IG Metall hatte das natürlich nicht hingenommen, ohne Tarifverträge im Kfz-Handwerk zu arbeiten. Es drohte ein Häuserkampf, um jeden Standort. Die Niederlassungen der Hersteller und größeren Händlerbetriebe entschieden sich dem neuen Verband, formal außerhalb der Innungen, anzuschließen. Dieser Arbeitgeberverband nennt sich „Tarifgemeinschaft Mitteldeutsches Kraftfahrzeuggewerbe“. Die Tarifgemeinschaft Mitteldeutsches Kraftfahrzeuggewerbe vertritt rund 50 Mitgliedsbetriebe mit mehr als 5.000 Beschäftigten. In Personalunion wird dieser Wirtschaftsverband von Leitungsmitgliedern der Innungen gelenkt. Der Verband hat seinen Sitz in Möckern bei Magdeburg im Bildungs- und Technologiezentrum des Kfz-Gewerbes Sachsen-Anhalt. Einen Internetauftritt hat der Verband nicht.

Alte Verträge entsprechen nicht mehr den heutigen Anforderungen

Die ab 2005 geschlossenen Tarifverträge nahmen natürlich die bestehenden Regelungen der Innungen als Basis. Deshalb sind viele Rahmenbedingungen schon über 20 Jahre alt und passen nicht mehr zu den Anforderungen der Beschäftigten und in diese Zeit.

Auffällig ist das Beharrungsverhalten des Verbandes, moderne Regelungen nicht in eine zeitgemäße Fassung zu bringen. Stattdessen versuchen immer mehr Unternehmen direkt mit der IG Metall, am Arbeitgeberverband vorbei, eigene Lösungen zu finden. Da stellt sich schon die Frage, wozu ein Unternehmen den Verband noch braucht, wenn es dort keine zeitgemäßen Lösungen gibt?

Dies sind nur einige der Fragen, die wir in der Klausur beraten haben. Parallel stellt sich die Herausforderung, wie wir uns künftig aufstellen. Tatsache ist, dass im Osten noch erheblich weniger bezahlt wird als in Westdeutschland. Die Arbeitszeit ist ebenfalls nicht einheitlich und noch immer wird zwischen Angestellten und Arbeitern getrennt und mit großem Unterschied für gleichwertige Tätigkeiten und Ausbildung entlohnt. Die Tarifverträge sind inhaltlich über 20 Jahre alt.

Vor der Aufstellung der nächsten Forderungen werden wir in den regionalen Tarifkommissionen klären, wie wir uns in der nächsten Tarifrunde aufstellen. Es gibt viele gute Gründe, gemeinsam in die Tarifrunde 2023 zu gehen und koordiniert die Zusammenarbeit vorzubereiten.

Eine gemeinsame Beratung der Tarifkommissionen wurde für den 19. Oktober 2022 geplant.

Von: bg

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