Tarifrunde Metall- und Elektroindustrie

Weitere Warnstreiks für die Angleichung Ost: Beschäftigte lassen nicht locker

27.04.2021 | Die Beschäftigten im Bezirk machen weiter Druck. Mit einem ganztägigen und mehreren kleineren Warnstreiks und Aktionen schickten die Kolleginnen und Kollegen auch am 27. April deutliche Zeichen ihrer Entschlossenheit an die Arbeitgeberverbände in Berlin-Brandenburg und Sachsen, damit diese ihre Blockadehaltung in Sachen Angleichung Ost endlich aufgeben und konstruktiv mit der IG Metall verhandeln.

Im Werk stehen die Bänder still, draußen ist jede Menge Bewegung: Die Beschäftigten im BMW-Werk Leipzig legten zum zweiten Mal ganztägig ihre Arbeit nieder: Denn Warnstreik ist „unser gutes Recht", wie auch das Landesarbeitsgericht Chemnitz unlängst befand.

Die Vertrauensleute trafen sich zu einer Kundgebung vor dem Werk, die übrigen Beschäftigten verbrachten den Warnstreik coronabedingt zu Hause.

Gemeinsam stark! Fotos (3): IG Metall

Die längst überfällige Angleichung Ost treibt die Kolleginnen und Kollegen von Alstom in Hennigsdorf vors Tor.

Vertrauensleute in Aktion

Wolfgang Lemb, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, sicherte der Belegschaft die Unterstützung der gesamten IG Metall zu. Fotos (3): Volker Wartmann

Start zum 2. Warnstreik bei Kirow-Ardelt, diesmal mit einem vorgezogenen Feierabend – Foto: IG Metall

Die Kolleginnen und Kollegen bei Heidelberger Druckmaschinen demonstrieren Geschlossenheit – Zusammenstehen für die Angleichung Ost. Foto: IG Metall

Den Auftakt machten am frühen Morgen die Kolleginnen und Kollegen des BMW-Werks in Leipzig. Seit 6 Uhr stehen die Bänder still – über alle drei Schichten, für einen ganzen Tag. Denn die IG Metall hat die knapp 5500 Beschäftigten von BMW in Leipzig zum zweiten Mal innerhalb dieser Tarifrunde zum ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Rund 200 Vertrauensleute versammelten sich vor dem Werk zu einer Kundgebung, die übrigen Beschäftigten verbringen den Tag pandemiebedingt zu Hause.

„Wir haben ein hohes Interesse daran, mit unserem regionalen Arbeitgeberverband eine Flächenlösung in Sachsen für das tarifliche Angleichungsgeld herbeizuführen. Bisher hat der Arbeitgeberverband dazu jedoch keinerlei Bewegung gezeigt“, sagte Bernd Kruppa, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Leipzig. „Die Arbeitgeber sind in der Pflicht, jetzt Lösungen zu unterbreiten. Ansonsten tragen sie, vor allem aber die Konzernzentralen im Westen, allein die Verantwortung für eine weitere Eskalation des Tarifkonflikts.“ Eine weitere Intensivierung der Arbeitskampfmaßnahmen sei nicht ausgeschlossen – bis Ergebnisse auf dem Verhandlungstisch lägen.

Mehr Fotos vom ganztägigen Warnstreik bei BMW in Leipzig sind auf der Internetseite der IG Metall Leipzig zu finden.

Wolfgang Lemb: Ohne Druck von unten kommt oben nichts raus!
Auch bei Alstom (ehemals Bombardier) in Hennigsdorf traten mehr als 150 Kolleginnen und Kollegen am Vormittag in ihren mittlerweile vierten Warnstreik. Ihre Mission: Zusammenstehen – coronakonform mit Abstand und Maske – für die Angleichung Ost jetzt!

Dass die Beschäftigten im Bezirk dabei nicht alleine stehen, versicherte ihnen Wolfgang Lemb, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall. Er war eigens aus Frankfurt angereist, um die Kolleginnen und Kollegen vor Ort solidarisch zu unterstützen. „Auch der Vorstand der IG Metall ist sich einig, dass wir hier ein Ergebnis brauchen“, erklärte Lemb. „Wir brauchen endlich verbindliche Anpassungsschritte, damit die Schlechterstellung der Beschäftigten im Osten bei Arbeitszeiten und Stundenentgelten ein Ende hat! Wir wollen die Angleichung. Sie ist längst überfällig.“

Die Verweigerungshaltung der Arbeitgeber kann Wolfgang Lemb nicht verstehen. „Die Arbeitgeber wären schon in der Lage, in Sachen Angleichung etwas was zu regeln. Dass sie sagen, das sei nicht machbar, ist Blödsinn. Darum ist es wichtig und vor allem notwendig, dass Ihr heute rausgegangen seid und wir damit Druck auf die Zukunftsverweigerer in Nadelstreifen machen.“

Die Arbeitgeber, so Lemb, brauchen wohl weiteren Druck, damit dieses regionale und doch so zentrale Thema endlich bewegt wird. „30 Jahre, 6 Monate und 24 Tage nach der Wiedervereinigung akzeptieren wir keine unterschiedliche Bezahlung mehr. Der Unterschied liegt noch immer bei 8,4 Prozent. So viel machen die zusätzlichen Stunden, die ihr leistet, in Geld aus. Monat für Monat, Jahr für Jahr. Das muss ein Ende haben“, erklärte Wolfgang Lemb. „Unsere Antwort auf diese Ungerechtigkeit kann nur Druck sein. Und zwar nach dem alten Tubenprinzip wie bei der Zahnpasta: Nur wer unten kräftig Druck macht, bekommt oben etwas heraus.“

Stefanie Jahn, Erste Bevollmächtigte der IG Metall in Oranienburg, wies daraufhin, dass in den vergangenen zwei Wochen neben kleineren Warnstreiks und Aktionen auch bereits zahlreiche ganztägige Warnstreiks stattgefunden haben. Das sei noch nicht das Ende der Fahnenstange, erklärte sie. „Wir können und werden nachlegen, wenn es erforderlich ist und die Arbeitgeber sich am Verhandlungstisch nicht endlich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stellen und unter mehr als drei Jahrzehnte Ungleichbehandlung endlich einen Schlussstrich ziehen. Die Kraft, die wir in den vergangenen Tagen in Brandenburg, Sachsen und Berlin auf die Straße gebracht haben, ist einmalig – dank Euch. Wir haben uns die Angleichung verdient!“

Auch Uwe Jurk, IG Metall-Vertrauensmann bei Alstom, sprach zu seinen Kolleginnen und Kollegen. „Ich habe am Wochenende im Duden mal nachgeschaut, was Einheit bedeutet. Der Duden versteht darunter die wirtschaftliche und politische Einheit eines Volkes. Die Arbeitgeber aber bestehen weiterhin auf die wirtschaftliche Teilung Deutschlands“, sagte Jurk. „Das kann nicht sein. Diese Mauer muss eingerissen werden. Darum muss es endlich eine Angleichung geben.“

Mehr Fotos und Infos vom Warnstreik bei Alstom in Hennigsdorf gibt es auf der Seite der IG Metall Oranienburg-Potsdam.

Heidelberger Druck: bereit für weitere Warnstreiks
Rund 120 Beschäftigte der Frühschicht bei Heidelberger Druckmaschinen in Brandenburg legten mit einem anderthalbstündigen Warnstreik am frühen Nachmittag den Betrieb weitgehend lahm. Aus gutem Grund: Auch sie stehen geschlossen hinter der Kernforderung der IG Metall im Bezirk: Angleichung Ost – und zwar jetzt!

Hella Hesselmann überbrachte der Belegschaft solidarische Grüße der DGB-Mitgliedsgewerkschaften sowie der DGB Kreis- und Stadtverbände. Gewerkschaftssekretär Nico Faupel sendete ein deutliches Signal Richtung Arbeitgeber: „Wenn die Arbeitgeber nicht bereit sind, heute ein substantielles Ergebnis mit uns zu vereinbaren, wird es weitere Streiks im IG Metall-Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen geben, auch weitere  ganztägige Warnstreiks.“

Sven Hutengs, Betriebsratsvorsitzender bei Heidelberger Druckmaschinen in Brandenburg, sagte: „In Westdeutschland kann das sogenannte Transformationsgeld zur Absenkung der Arbeitszeit auf 32 Stunden genutzt werden. Das heißt, die Arbeitszeitschere geht noch weiter auseinander. Das kann nicht sein. Es ist an der Zeit, etwas dagegen zu tun.“ Hutengs kündigte an: „Wir kämpfen weiter für unsere Forderungen und unsere Rechte. Es ist möglich, die Angleichung zu erreichen. Dafür werden wir auch weiterhin Flagge vor dem Werkstor zeigen, wenn es nötig ist.“

Weitere Infos gibt es hier.

Kiro Ardelt in Leipzig: gestärkt in den früheren Feierabend
Die Schicht endete für rund 40 Metallerinnen und Metaller bei Kirow Ardelt in Leipzig am Mittag mit einem frühen Feierabend. Die IG Metall hatte die Beschäftigten zum zweiten Warnstreik aufgerufen, um sie dann – pandemiebedingt – früher nach Hause zu schicken. Für den Heimweg versorgte die IG Metall die Kolleginnen und Kollegen mit einer kleinen Erfrischung.

Mehr auf der Homepage der IG Metall Leipzig.

Hinweis: Diese Meldung wird fortlaufend um Fotos und Informationen ergänzt.

Forderungen der IG Metall
Die IG Metall fordert ein Volumen von 4 Prozent für Entgelterhöhungen oder zur Beschäftigungssicherung. Außerdem geht es um Zukunftstarifverträge, um die Transformation zu gestalten, und tariflich verbesserte Übernahmeregeln für Ausgebildete.
Dazu fordert die IG Metall im Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen für die rund 290.000 Beschäftigten (110.000 in Berlin-Brandenburg und 180.000 in Sachsen) ein Tarifliches Angleichungsgeld, damit 30 Jahre nach der Wiedervereinigung endlich Schluss ist mit der Ungleichbehandlung der Beschäftigten in Ost und West.

„Die IG Metall hat die Forderung nach dem Tariflichen Angleichungsgeld im Rahmen ihrer Gesamtstrategie bewusst nur in Berlin-Brandenburg und Sachsen aufgestellt. Daher sind die jetzt erfolgenden Pilotübernahmen in anderen Tarifgebieten keine Referenz“, sagt Birgit Dietze, Verhandlungsführerin und Bezirksleiterin der IG Metall in Berlin-Brandenburg-Sachsen.

„Das von den Arbeitgebern auch in der vierten Tarifverhandlung in Sachsen wiederholte Nein zum Tariflichen Angleichungsgeld befördert die in den Belegschaften bereits bestehende Empörung.“

 

Von: tt

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