Berendsen Plauen: "Waschbären" erkämpften Sozialtarifvertrag

07.07.2006 | Geschafft! Der Sozialtarifvertrag für die Wäscherei Berendsen in Plauen steht. Nach monatelangen Auseinandersetzungen mit Warnstreiks und Aktionen, die die gesamte Region erfassten, erzielte die IG Metall in der sechsten Verhandlungsrunde einen Kompromiss. Auf einer Betriebsversammlung am Montag in Plauen dankten IG Metall, Betriebsrat und Beschäftigte allen Bürgern der Region sowie dem Oberbürgermeister von Plauen und den Experten der Wirtschaftsförderung für die große Unterstützung.

Warnstreik im März 2006: Wäscherinnen von Berendsen brachten Bewegung in die Region

Am 29. Juni 2006 morgens, nach 15 Stunden Verhandlungsmarathon, stand der Tarifabschuss über einen Sozialtarifvertrag für die Berendsen Südost GmbH Plauen. "Damit haben wir den Berendsen-Konzern in die volle soziale Verantwortung für seine Stilllegungsentscheidung genommen", sagte Bodo Grzonka, Verhandlungsführer der IG Metall. "Den Kampf um den Erhalt des Standortes haben wir dennoch verloren, weil die Billigkonkurrenz mit Dumpinglöhnen bestimmte Wäschearbeiten zu Spottpreisen anbietet", so Grzonka.

 

Dennoch könnten sich die Ergebnisse sehen lassen, so Grzonka. Die Stilllegung ist um ein knappes halbes Jahr aufgeschoben worden. Danach können die von Kündigung Betroffenen bis zu zwölf Monate in eine Beschäftigungsgesellschaft gehen und erhalten dort eine Nettozuzahlung zum Kurzarbeitergeld von bis zu 100 Prozent. "Dies verschafft den Plauener Wäscherinnen etwas Luft, bevor Hartz IV zuschlägt", sagte Bodo Grzonka.

 

Die Härten eines Wechsels von 40 Beschäftigten zum anderen Berendsen-Standort in Neustadt/Orla seien stark abgemildert worden, nachdem die IG Metall für die Betroffenen einen Kündigungsschutz von 18 Monaten und die Einrichtung eines Fahrdienstes für mindestens zwei Jahre auf Kosten der Firma durchgesetzt hat, so Grzonka. Allein die Fahrtkosten hätten für die meisten Betroffenen rund 400 Euro monatlich ausgemacht - bei rund 1000 Euro Nettoverdienst wäre das finanziell unmöglich gewesen.

 

Unter dem Motto "Retter die Waschbären" haben die Plauener Wäscherinnen, die fast alle Mitglieder der IG Metall sind, phantasievoll und leidenschaftlich für den Erhalt ihrer knapp 120 Arbeitsplätze gekämpft. Mit ihrem Kampf und dem Ergebnis, einem gut ausgestatteten Sozialtarifvertrag, haben sie nicht nur für sich selbst viel erreicht.  

 

"Die Kolleginnen haben gezeigt, dass gewerkschaftlich organisierte Belegschaften auch in wirtschaftlich schwieriger Lage und bei niedrigen Einkommen massiven Druck auf ihre Arbeitgeber entwickeln können", sagte Bodo Grzonka. Künftig müssten sich andere Unternehmen darauf einstellen, dass sie nicht nach Gutdünken Standorte in der Region schließen und sich aus der sozialen Verantwortung stehlen können.

 

Für die Textilreiniger-Branche haben die Kolleginnen auch in anderer Hinsicht ein beachtliches Ergebnis erstritten. "Angesichts vieler Lohndrückerbetriebe der Branche geht von Plauen das Signal aus, dass sich Widerstand lohnt und unterm Strich mehr bringt, als sich der Macht des Marktes zu ergeben", sagte Bodo Grzonka.

 

Der wirtschaftliche Gegenwind von Unternehmen, die ihren Mitarbeitern nur Dumpinglöhne zahlen und sich so als wahre Schmutzkonkurrenten im Markt einnisten,  zerstörte auch hier die Geschäftsgrundlage eines etablierten Unternehmens wie Berendsen, das Tariflöhne bezahlt", kritisierte Bodo Grzonka von der IG Metall- Bezirksleitung.

"Wenn es für die Branche einen gesetzlichen Mindestlohn gäbe, hätte die Unternehmensleitung die Standortschließung nicht durchsetzen müssen", erklärte er.

Von: md

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