Wohin führt die Digitalisierung der Arbeitswelt? Automobilkonferenz Ost in Leipzig

08.10.2014 | Immer mehr Maschine, immer mehr Ausstoß bei gleichbleibender Beschäftigung - wohin führen uns die Innovationen in der Autoindustrie, und was bedeutet das für die Beschäftigten? Das erörterten Betriebsräte und Experten auf der dritten Automobilkonferenz Ost am Donnerstag in Leipzig. Ostdeutschland hat die modernsten Produktionsstandorte der Branche, und das birgt große Herausforderungen.

Die strategische Neuausrichtung der Automobilindustrie ist in Ostdeutschland am deutlichsten zu sehen und wirkt sich bereits konkret auf die Arbeit der IG Metall vor Ort aus, sagte Bernd Kruppa, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Leipzig. Die Betreuung von Werken wie Porsche und BMW erfordere eine Differenzierung im Herangehen - weit jenseits der klassischen Gewerkschaftsarbeit. "Nicht nur die Werke sind völlig neu, auch die Struktur der Belegschaften, die am Bau eines Autos mitwirken, stellt uns vor neue Herausforderungen", so Kruppa. Neben der Stammbelegschaft, die die Kernaufgaben erfüllt, arbeiten zahlreiche Kolleginnen und Kollegen in prekären Verhältnissen: Leiharbeiter (für deren gerechtere Bezahlung die IG Metall bereits tarifliche Vereinbarungen geschlossen hat), Werkvertragsnehmer (deren Zahl jetzt zunimmt und ebenfalls Regelungen erfordert). 

 

Dr. Jens Katzek vom Automobilcluster Ostdeutschland unterstrich, die hohen Anforderungen an die Flexibilität der Branche sei ohne Leiharbeit nicht zu garantieren. Ja, aber dies alles müsse mit Maß und Ziel geschehen, erwiderten Betriebsräte in der Diskussion. "Dass jemand neun Jahre Leiharbeiter ist und dabei nicht einmal eine Ausnahme darstellt, kann doch wohl nicht sein", hieß es. 

 

Wichtige Impulse erhält die Autobranche aktuell und in den kommenden Jahren, wenn "Industrie 4.0" Einzug hält: Ein Automatisierungskonzept völlig neuen Typs, bei dem Maschinen nicht mehr neben den Menschen, sondern mit ihnen arbeiten und kooperieren. Was das für Beschäftigte heißt, zeigt ein Beispiel bei VW: Der Monteur kann Fahrzeugteile oder Komponenten aus geringer Distanz per Hand bewegen, ohne diese zu berühren. Hin- und Herlaufen, Bücken und viele weitere Bewegungen entfallen, aber die Effizienz ist enorm, und damit auch die Arbeitsverdichtung. "Dafür brauchen wir neue Entlohnungs- und Bewertungssysteme", sagte Dr. Antje Blöcker vom Automobilprojekt Neue Länder.

 

Wir werden die Herausforderungen dieser neuen industriellen Revolution nur meistern und Arbeitnehmerrechte schützen können, wenn wir neue Formen der Kooperation entwickeln, die das Bewährte flankieren, so der Tenor der Diskussion. Der enorme Kostendruck, den Hersteller auf Zulieferer ausüben, landet am Ende bei den Beschäftigten, und auch die Zulieferunternehmen profitieren immer weniger von den Aufträgen der Autoindustrie. "Hier muss ein Stopp her", sagte Elke Merkel von Schnellecke Glauchau. "Wir müssen den Wettlauf um das jeweils absolut billigste Angebot beenden. Ich bin stolz, dass unser Unternehmen in diesem Unterbietungswettstreit bereits umdenkt."

Von: md

Unsere Social Media Kanäle