PRESSEMITTEILUNG VOM 3. OKTOBER 2022

Bilanz zum 3. Oktober: Angleichung der Arbeitszeiten kommt deutlich voran

03.10.2022 | Bei der Angleichung der Arbeitszeiten zwischen Ost und West sieht die IG Metall über 30 Jahre nach der Wiedervereinigung deutliche Fortschritte. „Gut ein Jahr nach Abschluss des Rahmentarifvertrags für die 35-Stunden-Woche in der Metall- und Elektroindustrie steht fest: Das war der Durchbruch im langen Ringen um gleiche Arbeitszeiten in Deutschland“, sagt IG Metall-Bezirksleiterin Irene Schulz. „Inzwischen haben wir für fast 80 Prozent unserer Mitglieder in den verbandsgebundenen Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie in Berlin, Brandenburg und Sachsen die schrittweise Absenkung der Arbeitszeit auf 35 Stunden durchgesetzt. Nun peilen wir die 100 Prozent an. Damit beenden wir eine große Ungerechtigkeit zwischen Ost und West.“

Ganz aktuell profitieren Siemens-Beschäftigte im Bezirk an sieben Standorten in Berlin, Chemnitz und Leipzig von der Angleichung. Seit dem 1. Oktober 2022 arbeiten sie eine Stunde weniger und damit 37 statt 38 Stunden die Woche.  Dies ist der erste von drei Schritten bis zur völligen Angleichung mit dem Westen. Im Oktober 2024 sinkt die Wochen-Arbeitszeit auf 36 Stunden, im Oktober 2026 auf 35 Stunden. Auch für die Siemens-Niederlassungen ist es gelungen, eine Vereinbarung zur vollständigen Anpassung der Arbeitszeiten in Ost an das Westniveau durchzusetzen (in diesem Fall innerhalb des Tarifvertrags).

Irene Schulz, IG Metall Bezirksleiterin Berlin-Brandenburg-Sachsen und geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall: „Die 35 Stunden-Woche ist in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie nicht mehr aufzuhalten. Mit der Reduzierung der Arbeitszeit bei Siemens schreitet die Umsetzung bei einem weiteren Schwergewicht voran. Inzwischen haben wir Stufenpläne zur Senkung der Arbeitszeit auf 35 Stunden für alle großen Standorte und bei allen großen Konzernen im Bezirk durchgesetzt. Es ist ganz wichtig für die gelebte Einheit in Deutschland, dass die Ungleichbehandlung bei den Arbeitszeiten endlich zu Ende geht.“

Klar abgesteckt ist der Weg zur 35 bei den großen Autobauern VW (mit den Werken in Zwickau, Chemnitz und Dresden), BWM und Porsche in Leipzig sowie Mercedes im brandenburgischen Ludwigsfelde. Auch bei einigen Zulieferern ist die 35 fest vereinbart, so bei ZF Getriebe in Brandenburg an der Havel, Clarios in Zwickau und Mahle im Havel- und im Vogtland. Ein erster Schritt zur 37 wurde zum 1.1.2022 auch bei SAS-Autosystemtechnik in Meerane vereinbart. Ganz aktuell kam für die Kolleginnen und Kollegen von Rolls Royce eine Regelung zu Stande: In Dahlewitz bei Berlin sinkt die Arbeitszeit am 1. Januar 2024 von 38 Stunden auf 37 und zum 1. Januar 2026 auf 35 Stunden. Entsprechende Betriebsvereinbarungen liegen ebenfalls für die Aufzughersteller Otis und Schindler vor. Im Februar gelang der Durchbruch bei Koenig & Bauer in Radebeul. Der Druckmaschinenhersteller ist das erste sächsische Unternehmen außerhalb der Autobranche mit einem Stufenplan zur 35. Kurz vor einem Abschluss stehen IG Metall und Betriebsrat bei MTU in Berlin und Brandenburg. Und in einer Reihe weiterer Betriebe laufen aktuell Verhandlungen, so unter anderem an Standorten des Bosch- oder auch des Thyssen-Konzerns.

Modell dient als Vorbild für den ganzen Osten

Am 25. Juni 2021 hatte die IG Metall mit den Arbeitgeberverbänden in Berlin, Brandenburg und Sachsen per Tarifvertrag einen Rahmen für den Weg zur 35 Stunden-Woche vereinbart. Innerhalb dieses Rahmens ist es möglich, in einzelnen Betrieben mit Betriebsvereinbarungen die Reduzierung der Arbeitszeit bis auf das Westniveau auszuhandeln. Dieses Modell funktioniert, wie die hohe Beteiligungszahl zeigt. Zahlreiche Betriebsvereinbarungen füllen den Rahmen mit Leben. Mittlerweile haben auch Sachsen-Anhalt, Thüringen und in ähnlicher Art und Weise auch Mecklenburg-Vorpommern dieses Modell zur Angleichung übernommen.  

Bei Angleichung bleibt bei vielen Themen noch viel zu tun

Bei aller Freude über diese Erfolge betont die IG Metall, dass auf vielen Gebieten noch große Unterschiede zwischen den Regionen in Deutschland bestehen. So ermittelte das WSI (Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut in der Hans-Böckler-Stiftung) vor wenigen Tagen über alle Branchen hinweg einen Lohnrückstand der ostdeutschen Beschäftigten gegenüber den Kolleginnen und Kollegen im Westen von fast 14 Prozent. Auch die Tarifbindung ist deutlich geringer. Sie lag laut Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung im Jahr 2021 bei 45 Prozent im Osten und bei 54 Prozent im Westen. „Eine höhere Tarifbindung ist ein Grundpfeiler einer gerechteren Arbeitswelt und von mehr gleichen Lebens- und Arbeitsbedingungen innerhalb von Deutschland“, betont Irene Schulz.

Von: ms

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