03.07.2020 | Mitbestimmung ist wichtig, insbesondere in Krisen-Zeiten wie der gegenwärtigen Pandemie. Dafür kämpft auch der Betriebsrat bei Hawle Guss in Fürstenwalde, der sich mit nötigem Abstand auch in der Corona-Zeit „live“ trifft, wie Betriebsratsvorsitzender Ulf Kühnel berichtet.
Die Corona-Krise hat auch bei Hawle Guss deutliche Auftragsrückgänge zur Folge. Kurzarbeit war bislang kein Thema, dafür gab es zwei Monate lang weniger Arbeit für alle. „Weil nach unseren Informationen unsere Zulieferer und Kunden teilweise in Kurzarbeit sind, haben wir von Ende März bis Ende Mai im Zwei- statt Dreischichtsystem gearbeitet“, sagt Ulf Kühnel. „Mittlerweile fahren wir wieder drei Schichten. Wie lange wir das machen werden, ist unklar. Momentan schwankt die Auftragslage sehr.“
Um auch auf den Fall von Kurzarbeit vorbereitet zu sein, haben Geschäftsführung und Betriebsrat versucht, eine für die rund 260 Beschäftigten akzeptable Betriebsvereinbarung abzuschließen. Bislang vergebens. Betriebsratsvorsitzender Kühnel wirft dem Arbeitgeber mangelnde Kompromiss- und Gesprächsbereitschaft vor. „Die Geschäftsleitung wäre lediglich bereit, im Fall von Kurzarbeit eine Aufstockung auf 80 Prozent des Nettoentgelts für alle zu bezahlen“, erläutert Kühnel. „Wir als Betriebsrat wollen für unsere Kolleginnen und Kollegen, die Kinder haben, jedoch mehr als 80 Prozent.“ Aktuell wurden die Verhandlungen über eine Betriebsvereinbarung durch die Geschäftsleitung auf Eis gelegt. Die Geschäftsleitung argumentiere mit Sparzwängen, so Kühnel, gewährt uns allerdings keinen Einblick in die Bilanzen und Zahlen. Wir können überhaupt nicht einschätzen, wie es um die Situation des Unternehmens tatsächlich bestellt ist und wohin die Reise geht.“
Fest steht: Vom 20. Juli bis zum 7. August haben die Beschäftigten in Fürstenwalde drei Wochen Betriebsferien. In dieser Zeit werden die Gießmaschinen gewartet und repariert. Die Geschäftsleitung hoffe offensichtlich, dass sich nach dieser dreiwöchigen Betriebsruhe die Auftragslage wieder normalisiere:
„Unsere Geschäftsleitung hat oft eine sehr holprige Auffassung von Mitbestimmung“, sagt Kühnel. „Sie übergeht uns als Betriebsrat oft. Wenn uns die Geschäftsleitung besser einbeziehen würde, gebe es deutlich weniger Konflikte. Wir als Betriebsrat wollen – im Rahmen unserer betriebsverfassungsrechtlichen Rechte und Pflichten – mitgestalten und informiert sein. Solange das nicht der Fall ist, werden wir viele Konflikte weiterhin vor Gericht austragen müssen.“
Zu seinen Sitzungen trifft sich der neunköpfige Betriebsrat auch während der Corona-Pandemie live vor Ort. „Wir nutzen für unsere Treffen einen großen Schulungsraum, in dem wir den gebotenen Abstand zueinander problemlos einhalten können.“ Generell seien Homeoffice und mobiles Arbeiten bei Hawle Guss „nicht vorgesehen“. „Das kann ich mir nur mit einem gewissen Kontrollwahn des Arbeitgebers erklären“, sagt Kühnel.
Zusätzliche Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen sind auch bei Hawle Guss zu Beginn der Corona-Krise eingeführt worden, wenn auch leider einseitig durch den Arbeitgeber angeordnet ohne den Betriebsrat einzubeziehen. So stehen beispielsweise überall Desinfektionsmittel zur Verfügung, die Anzahl der Tische im Pausenraum wurde reduziert, wo möglich, wurde an Arbeitsplätzen, wo Kollegen eng zusammenarbeiten, Scheiben dazwischen gebaut. „Die Akzeptanz für die Maßnahmen sinkt bei manchen mit der Zeit. Diese Kolleginnen und Kollegen müssen wir dann darauf hinweisen, wie wichtig diese Schutzmaßnahmen sind.“