29.04.2021 | „Es muss Schluss sein, mit dieser schreienden Ungerechtigkeit. Nicht morgen oder übermorgen, sondern jetzt!“ Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, ließ bei der Warnstreikkundgebung vor dem Mercedes-Benz Werk in Ludwigsfelde keinen Zweifel daran, dass die gesamte IG Metall hinter der Forderung nach Angleichung der Arbeitsbedingungen steht. Seit 6 Uhr in der Früh stehen die Bänder im Ludwigsfelder Mercedes-Benz Werk still – ganztägig.
Der Erste Vorsitzende der IG Metall war eigens aus Frankfurt am Main angereist, um den Beschäftigten im Bezirk die Solidarität der gesamten IG Metall zu überbringen. „Die IG Metall steht dafür, dass Ihr hier bei Mercedes in Ludwigsfelde endlich die gleichen Arbeitsbedingungen habt wie Eure Kolleginnen und Kollegen, die keine 20 Kilometer entfernt bei Mercedes in Marienfelde arbeiten“, sagte Jörg Hofmann. „Wir kämpfen für gleiche Lebens- und Arbeitsbedingungen und dafür, dass es endlich gerecht zugeht zwischen Ost und West! Dafür steht die IG Metall!“
Dass mehr als 30 Jahre nach der Wende im Osten unbezahlt drei Stunden pro Woche „länger geschuftet wird als im Westen, ist nicht länger hinnehmbar“, betonte Jörg Hofmann, denn „es gibt keinen einzigen Grund, der das auch nur im Ansatz rechtfertigt. Es muss Schluss sein mit dieser schreienden Ungerechtigkeit. Nicht morgen. Oder übermorgen. Sondern jetzt!“
Die Belegschaften im Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen, das hätten sie in den zurückliegenden Tagen der dritten Warnstreikwelle eindrucksvoll unter Beweis gestellt, seien nicht mehr bereit zuzusehen, wie sie Jahr für Jahr vertröstet werden in einer Frage, die so elementar darauf drängt, gelöst zu werden.
„Wer nicht hören will, der muss eben fühlen, muss sehen, was das auslöst, wenn die Arbeitgeber nicht endlich für Gerechtigkeit sorgen in diesem Land“, erklärte Hofmann. „Dann nutzen wir die Mittel, die in unserer Macht liegen.“
Arbeitskampf! Dass der auch gerichtlich nicht zu unterbinden ist, haben die Arbeitgeber am 16. April vor dem Landesarbeitsgericht Chemnitz erfahren, als sie dort „krachend gescheitert“ sind.
Jörg Hofmann betonte ausdrücklich, dass die IG Metall nicht die Übernahme des Pilotabschlusses verweigere. Aber die IG Metall, so erklärte er, habe mit Gesamtmetall festgestellt, dass dieser Pilotabschluss nur unter Berücksichtigung der regionalen Besonderheiten übernommen werde. Und das bedeute im Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen die Forderung nach einem Tariflichen Angleichungsgeld, das die soziale Ungerechtigkeit in diesem Land ein für allemal beende.
Außerdem verwies er darauf, dass die IG Metall die Angleichung nicht in einem Schritt fordert, sondern einen konstruktiven Vorschlag für die schrittweise Umsetzung auf den Verhandlungstisch gelegt hat. „Was in anderen Branchen geht, bei Stahl oder Textil, das muss doch auch für die Metall- und Elektroindustrie gelten“, so Jörg Hofmann.
Zahlreiche Brandenburger Betriebe waren am Donnerstag mit Delegationen in Ludwigsfelde vertreten, um Flagge zu zeigen für die gemeinsame Forderung der Angleichung Ost. Wie ernst es den Beschäftigten damit ist, haben sie seit dem 20. April eindrucksvoll unter Beweis gestellt: Mehr als 57.600 Beschäftigte waren seither zu Warnstreiks aufgerufen.
„Die dritte Warnstreikwelle ist auch insofern gelungen, dass wir die Arbeitgeber ein Stück weit überrascht haben. Sie haben nicht damit gerechnet, dass die IG Metall mit der Konsequenz diese Forderung noch mal betreibt und auch noch mal zu Warnstreiks aufruft“, sagte Tobias Kunzmann, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ludwigsfelde.
Forderungen der IG Metall
Die IG Metall fordert ein Volumen von 4 Prozent für Entgelterhöhungen oder zur Beschäftigungssicherung. Außerdem geht es um Zukunftstarifverträge, um die Transformation zu gestalten, und tariflich verbesserte Übernahmeregeln für Ausgebildete.
Dazu fordert die IG Metall im Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen für die rund 290.000 Beschäftigten (110.000 in Berlin-Brandenburg und 180.000 in Sachsen) ein Tarifliches Angleichungsgeld, damit 30 Jahre nach der Wiedervereinigung endlich Schluss ist mit der Ungleichbehandlung der Beschäftigten in Ost und West.
„Die IG Metall hat die Forderung nach dem Tariflichen Angleichungsgeld im Rahmen ihrer Gesamtstrategie bewusst nur in Berlin-Brandenburg und Sachsen aufgestellt. Daher sind die jetzt erfolgenden Pilotübernahmen in anderen Tarifgebieten keine Referenz“, sagt Birgit Dietze, Verhandlungsführerin und Bezirksleiterin der IG Metall in Berlin-Brandenburg-Sachsen.