Vertrauensleutewahlen 2024

„Wir Vertrauensleute sind Seelsorger im Betrieb“

29.02.2024 | „Gemeinsam ist mehr drin.“ Davon ist Sören Würfel überzeugt. Deshalb engagiert sich der 47-Jährige als Vertrauensmann und Vertrauenskörperleiter bei Mercedes-Benz in Ludwigsfelde. Im Interview erzählt er, warum die betriebliche Realität ohne aktive IG Metall-Vertrauensleute eine andere wäre.

Sören Würfel ist Vertrauensmann und Vertrauenskörperleiter bei Mercedes-Benz in Ludwigsfelde. Fotos: privat/IG Metall

Vertrauensleute mobilisieren für Tarifrunden ...

... und informieren ihre Kolleginnen und Kollegen über wichtige Entwicklungen.

Sören, warum bist Du als Vertrauensmann aktiv?
Sören:
Ganz einfach, weil es aktive Menschen braucht, die etwas bewegen wollen. Von allein passiert nichts. Wer Veränderungen zum Besseren erreichen will, muss in die Hände spucken und aktiv mitanpacken. Genau das machen wir Vertrauensleute.

Hast Du dafür mal ein Beispiel?
Sören:
Nehmen wir mal unseren langen Kampf um die Angleichung der Arbeitszeit Ost an das Westniveau. Wenn wir nicht immer und immer wieder Druck auf den Arbeitgeberverband und unsere örtliche Geschäftsführung gemacht hätten, wäre da nicht viel passiert. Wir Vertrauensleute haben im Betrieb dafür gesorgt, dass das Thema präsent blieb. Wir haben unsere Kolleginnen und Kollegen aktiviert und mobilisiert, dafür einzustehen, dass endlich Schluss ist mit dieser viel zu lange anhaltenden Ungerechtigkeit und Ungleichbehandlung von Beschäftigten in einem Land, in einem Unternehmen. Gerade die letzten beiden Tarifrunden in der Metall- und Elektroindustrie haben gezeigt, dass vieles möglich ist, wenn wir solidarisch miteinander sind, auch über Unternehmensgrenzen hinaus.

Das bedeutet?
Sören:
Den Einstieg in die Angleichung zum Beispiel haben wir in einer Tarifrunde erkämpft, als die Rahmenbedingungen aufgrund der Coronapandemie alles andere als einfach waren. Aber wir Vertrauensleute haben gemeinsam mit den Hauptamtlichen in der IG Metall kreative Aktionsformen entwickelt, die unter strengen Abstands- und Hygieneregeln so viel Druck aufgebaut haben, dass die Arbeitgeber nicht mehr drumherum kamen, endlich eine Lösung für dieses Problem zu finden. Für die Mobilisierung unserer Kolleginnen und Kollegen war es wichtig, dass wir Vertrauensleute nah dran waren, immer wieder informiert und motiviert haben, den nächsten Schritt zu gehen.

Was zeichnet gute Vertrauensleutearbeit aus?
Sören:
Der unmittelbare Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen im Betrieb, über alle Bereiche hinweg. Ohne Aktive im Betrieb wäre vieles nicht möglich. Wir sind die IG Metall im Betrieb, geben ihr ein Gesicht. Wir sind Schnittstelle zwischen Betriebsrat, Hauptamtlichen in der Geschäftsstelle und Belegschaft. Wir sind Zuhörer und manchmal auch Seelsorger, weil die Kolleginnen und Kollegen mit all ihren Sorgen und Nöten in uns einen Ansprechpartner oder eine Ansprechpartnerin haben.

Vertrauensleute im wahrsten Sinne des Wortes …
Sören:
… genauso. Wir genießen das Vertrauen unserer Kolleginnen und Kollegen. Und: Wir sind mittendrin statt nur dabei.

Was habt Ihr Euch für die kommenden vier Jahre vorgenommen?
Sören:
Wir wollen unsere Vertrauensleutearbeit noch attraktiver und lebendiger gestalten. Noch sichtbarer werden. Dazu gehört es auch, dass wir unsere Informationen über alle uns zur Verfügung stehenden Kanäle streuen.

Welche Ziele verfolgt Ihr ganz konkret?
Sören:
Vertrauensleutearbeit ist in herausfordenden Zeiten, wie diesen, in denen wir uns gerade befinden, wichtiger denn je. Gesellschaftlich ist derzeit Vieles im Umbruch. Da ist es umso wichtiger, dass wir solidarisch zusammenstehen und uns für demokratische Werte stark machen: Respekt ist hier so ein Stichwort, für das wir Vertrauensleute stehen. Respekt vor allen Menschen, gleich welcher Herkunft, Kultur oder Religion – im Betrieb, aber natürlich auch in der Gesellschaft.

Welche Herausforderungen hast Du sonst noch im Blick?
Sören:
Stichwort Transformation! Ich werde mich dafür engagieren, dass Mercedes-Benz langfristig eine Zukunft am Standort hat, gut durch die Transformation kommt und die Arbeitsplätze auch über 2030 hinaus in Ludwigsfelde zukunftsfähig sind. Dafür werden wir trommeln und die Belegschaft aktiv auf diesem Weg zu besseren und sicheren Arbeits- und Lebensbedingungen mitnehmen. Damit das gelingt, wäre es prima, wenn wir noch mehr Leute für die Arbeit als Vertrauensmann oder Vertrauensfrau begeistern können. Je mehr wir sind und je mehr wir aktiv für unsere Ziele einstehen, desto mehr ist – auch oder vielleicht sogar gerade in schwierigen Zeiten – für uns alle drin. Das hat, wie schon gesagt, unser letztlich erfolgreicher Kampf um die Angleichung gezeigt.

Dann muss ich Dich nicht fragen, ob Du wieder kandidierst?
Sören:
Nein! Selbstverständlich möchte ich weiter an unseren Zielen mitwirken und dann, in vier Jahren, am Ende der Wahlperiode wollen wir Aktiven uns in die Augen schauen, Bilanz ziehen und sagen: Yes, das waren unsere Ziele und die haben wir gemeinsam gewuppt.

Zur Person:
Sören Würfel (47) arbeitet seit 24 Jahren als Mechaniker in der Instandhaltung bei Mercedes-Benz. Seit acht Jahren engagiert er sich ehrenamtlich als Vertrauensmann, seit 2018 ist er Vertrauenskörperleiter. Demokratische Werte wie Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Respekt voreinander sind ihm wichtig. Damit diese Werte nicht am Werktor enden, setzt er sich auch als Betriebsrat – mittlerweile schon in der zweiten Wahlperiode – für betriebliche Mitbestimmung ein.

 

 

Von: kk

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