19.06.2021 | Die Kanzlerkandidatin der Grünen Annalena Baerbock besuchte am 18. Juni das Stahlwerk von ArcelorMittal in Eisenhüttenstadt. Wo in DDR-Zeiten im Eisenhüttenkombinat Ost 12.000 Menschen gearbeitet haben, sind es heute noch 2700. Baerbock hat im Gespräch mit Stahlwerkern, Betriebsräten und dem Management für ihre Idee eines Industriepakts geworben. Betriebsratsvorsitzender Dirk Vogeler überreichte Baerbock einen Brief mit Fragen der Belegschaft.
Die Idee des Industriepakts von Baerbock: Die Politik solle Industrieunternehmen beim Klimaschutz helfen und so gleichzeitig dazu beitragen, Produktionsstandorte in Deutschland zu sichern. Neben gesetzlichen Vorgaben solle es massive finanzielle Zuschüsse geben, damit sich Investitionen in klimafreundliche Technologien rechnen und die Jobs erhalten bleiben. Es geht um viele Milliarden Euro. „Wir brauchen keinen Umbruch, sondern einen Aufbruch“, sagt die Kanzlerkandidatin in Eisenhüttenstadt. In der Verzinkerei werden unter anderem Stahlbleche für die Automobilindustrie behandelt und fertig für die Auslieferung gemacht. Baerbock sagte während des Besuchs, dass der Stahl in Eisenhüttenstadt künftig klimaneutral produziert werden müsse, also in einem Elektrolichtbogenofen statt im Hochofen.
"Wir machen uns große Sorgen", sagt ein Auszubildender im Gespräch mit der Grünen. Er könne sich kaum vorstellen, wie die Umstellung auf den Elektrolichtbogenofen so schnell gelingen solle. Dafür brauche es Wasserstoff, aber die nötige Pipeline gebe es doch noch gar nicht in Ostbrandenburg.
Die Beschäftigten sehen die Lage deutlich skeptischer. Transformationen, Umbauten und Umbrüche gab es in Eisenhüttenstadt seit der Wende mehr als genug. Baerbock redete am Rande auch mit Betriebsrat und Beschäftigten. Da es nicht ausreichend Zeit für die Fragen der Belegschaft gab, überreichte Dirk Vogeler, Betriebsratsvorsitzender bei ArcelorMittal, einen Brief mit den Fragen der Beschäftigten an Annalena Baerbock.
„Wie wird der Erhalt des integrierten Stahlstandortes Eisenhüttenstadt, auf dem Weg zur klimaneutralen Stahlproduktion durch die Politik der Grünen, unterstützt?“ oder „Wie wird gewährleistet, dass auch bevor der Hochofen abgestellt wird, die Finanzierung bzw. Förderung für die Komplettumstellung gesichert wird?“ sind nur zwei Fragen, auf deren Antworten die Beschäftigten bei EKO gespannt warten.
Auch Holger Wachsmann, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ostbrandenburg, begleitete am Freitag den Besuch von Baerbock. „Die Leute in Ostdeutschland haben schon viele Transformationsprozesse hinter sich. In Eisenhüttenstadt ist die Umstellung zur Marktwirtschaft gut gegangen, aber woanders nicht. Wir brauchen für das Stahlwerk eine Standortsicherheit.“ Er forderte einen kontinuierlichen Austausch aller Akteure auf dem Weg zur Klimaneutralität und das gesichert werde, dass bei den Milliarden Fördersummen am Ende auch durch den Konzern und die Politik Bestandsgarantien für die integrierten Stahlstandorte Bremen und Eisenhüttenstadt gegeben werden.