28.01.2022 | Die politischen Koordinaten für die nächsten Jahre stehen: Auf Bundesebene versucht sich die rot-grün-gelbe Bundesregierung an einem Neuanfang nach dem Ende der Ära Merkel. In Berlin setzt die rot-rot-grüne Landesregierung ihre Arbeit fort. Was heißt das für den IG Metall Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen und für Ostdeutschland? Die 16. Ausgabe des bezirklichen Newsletters „prägnant“ analysiert die politische Ausgangslage nach den Wahlen im vergangenen Jahr.
Der Mindestlohn soll im Oktober auf 12 Euro steigen. Ein Bürgergeld ersetzt nach den Ankündigungen der Ampel-Koalition Hartz IV, eine Kindergrundsicherung ist vorgesehen. Die Bahn bleibt als integrierter Konzern erhalten und wird nicht zerschlagen. Die Pläne der Koalition von SPD, Grünen und FDP lassen aus Sicht der IG Metall an mehreren Stellen gute Ansätze erkennen. Zeitgemäße Signale setzen die Ampel-Parteien auch mit Versprechen, das Glasfasernetz und die Ladeinfrastruktur auszubauen.
Positiv sind darüber hinaus die geplanten Bemühungen, die Tarifbindung zu stärken, die Ansätze einer aktiven Arbeitsmarktpolitik und die beschleunigte Energiewende. Diese kann, wenn sie gut gemanagt wird, dem Osten einen kleinen Vorsprung liefern. Dennoch überzeugt die Koalition nur teilweise. Den Kampf gegen prekäre Beschäftigungsverhältnisse geht sie nicht konsequent an. An der Schuldenbremse hält sie fest, so dass die Finanzierung der Maßnahmen in weiten Teilen offen bleibt.
Und: Die Repräsentation Ostdeutscher in Führungspositionen und Entscheidungsgremien soll zwar in allen Bereichen verbessert werden. Allerdings wird die Bundesregierung ihrem eigenen Anspruch nicht gerecht. Über 50 Spitzenposten (Bundesminister, Kanzleramtschefs, Staatssekretäre, parlamentarische Staatssekretäre) hatte sie zu vergeben. Davon gingen ganze fünf an Ostdeutsche – weniger als zehn Prozent.
Fazit: Viele Forderungen der IG Metall haben ihren Weg in den Koalitionsvertrag gefunden. Einige industrie-, arbeitsmarkt-, sowie sozialpolitischen Verabredungen sind zu begrüßen. Der ganz große verteilungspolitische Wurf ist aber nicht zu erwarten.
Im Land Berlin bekennt sich die alte und neue Koalition zu ihrer Verantwortung für Gute Arbeit in Berlin. So soll der Vergabemindestlohn des Landes Berlin rasch auf 13 Euro pro Stunde steigen. Im Öffentlichen Dienst sollen 2000 neue Stellen pro Jahr geschaffen werden und Berlin will die Rückkehr zur Verbeamtung von LehrerInnen. Zu begrüßen ist auch das grundlegende Bekenntnis im Koalitionsvertrag zu einer aktiven Industrie- und Dienstleistungspolitik. Die Koalition hat das Ziel, den Anteil hochwertiger industrieller Fertigung in Berlin zu erhöhen und Wertschöpfungsketten zu erweitern. Unternehmen, die sich auf den Weg machen, die sozial-ökologische Transformation anzupacken, sollen zukünftig besser unterstützt werden. Mit dem Verweis auf Bundesprogramme in diesem Bereich bleibt die Berliner Koalition allerdings hinter den eigenen Erwartungen zurück.
Ausführlich hat Christoph Hahn, in der IG Metall-Bezirksleitung für Wirtschafts- und Strukturpolitik zuständig, die politische Lage im Bezirk in der 16. Ausgabe von „prägnant“ analysiert - sie ist hier als Download verfügbar.