Tarifrunde Metall- und Elektroindustrie

Ganztägige Warnstreiks in sechs Betrieben: Tausende Beschäftigte kämpfen für die Angleichung Ost!

28.04.2021 | Die Wut ist groß, der Druck wächst täglich. Allein am 28. April hat die IG Metall rund 16.100 Metallerinnen und Metaller in Brandenburg und Sachsen zum Warnstreik aufgerufen. In sechs Werken herrschte daraufhin weitgehender Stillstand – für einen ganzen Tag. Die Kolleginnen und Kollegen machten ihrem Ärger Luft, dass auch die gestrige fünfte Tarifverhandlung mit dem Arbeitgeberverband für Berlin-Brandenburg (VME) ohne Ergebnis geblieben war.

Das Tor ist zu, nichts geht mehr bei VW in Zwickau. Seit 6 Uhr sind die Kolleginnen und Kollegen im Warnstreik.

Auch in Coronazeiten darf die traditionelle Feuertonne beim Warnstreik der Metallerinnen und Metaller von VW Zwickau nicht fehlen. Fotos (2): IG Metall

Stillstand an den Bändern bei ZF, weil die Kolleginnen und Kollegen draußen für die Angleichung kämpfen – ganztägig. Alle drei Schichten machen mit.

Wolfgang Lemb, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, nahm an der Warnstreikkundgebung bei ZF in Brandenburg an der Havel teil.

Mit Abstand, Maske und Anstand bei ZF: So sieht Warnstreik in Coronazeiten aus. Fotos (3): Volker Wartmann

Um 5.30 Uhr bezogen Streikposten vor dem Leipziger Porsche Werk Stellung. Die Metallerinnen und Metaller von Porsche sind in Aktion für die Angleichung Ost.

Stellung bezogen die Beschäftigten von Porsche – nicht nur physisch vor dem Tor, sondern auch inhaltlich für die Angleichung Ost. Fotos (2): IG Metall

Ungewohnte Ruhe bei SAS Autosystemtechnik – die Beschäftigten legten die Produktion im Werk ganztägig lahm. Foto: IG Metall

Weithin sichtbar machten die Kolleginnen und Kollegen der Gläsernen Manufaktur in Dresden deutlich, warum sie ihre Arbeit in wenigen Tagen bereits zum zweiten Mal ganztägig niederlegten: Ost-West-Angleichung: Jetzt!

Der überwiegende Teil der Beschäftigten verbrachte den Warnstreik der Pandemie wegen zu Hause. Vor Ort war lediglich eine Warnstreikdelegation zu finden, die mit viel Abstand auf ihre Forderungen aufmerksam machten.

In Dresden wehten rund um die Gläserne Manufaktur rote IG Metall-Fahnen. Fotos (3): IG Metall

Den Reigen der ganztägigen Warnstreiks im Bezirk eröffneten am frühen Morgen die Beschäftigten von ZF Getriebe in Brandenburg an der Havel. Punkt 4 Uhr standen die Bänder still, der überwiegende Teil der Beschäftigten verabschiedete sich – coronakonform – nach Hause. Andere blieben vor dem Werktor, um öffentlichkeitswirksam zu demonstrieren, was ihnen so unter den Nägeln brennt, dass die IG Metall trotz Pilotabschluss in NRW, der seit dem 30. März vorliegt, mit den Arbeitgebern im Bezirk nicht in konstruktive Verhandlungen kommt. Die Arbeitgeber blockieren nach wie vor die Angleichung Ost, die im Bezirk mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung das zentrale Thema dieser Tarifrunde ist. Es muss Schluss sein mit der fortwährenden Ungleichbehandlung der Kolleginnen und Kollegen in Ost und West. Es kann nicht sein, dass Deutschland wirtschaftlich noch immer nicht zusammenwachsen darf, weil die Arbeitgeber sich quer stellen und sie ihren Beschäftigten im Osten – trotz hoher Qualifikation, modernster Werke und Facharbeitermangel – weiter schlechtere Arbeitsbedingungen bieten. Das ist ungerecht, niemandem mehr vermittelbar und muss auch um des sozialen Friedens wegen ein Ende haben, so die einhellige Meinung der Metallerinnen und Metaller – nicht nur bei ZF.

Solidarität der gesamten IG Metall
Die gesamte IG Metall sieht das so, versicherte Wolfgang Lemb, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, den ZF-Beschäftigen am 28. April. „Die Angleichung Ost ist ein Anliegen der gesamten IG Metall, nicht nur der IG Metall in Eurem Bezirk“, sagte Lemb, der an die Arbeitgeber appellierte, sich endlich zu bewegen. „Im Verhaltenscodex von ZF steht eindeutig, dass keine Diskriminierung geduldet wird, dass es keine Unterschiede zwischen den einzelnen Standorten geben darf,“ erinnerte Lemb die Unternehmensführung von ZF.

Die Verweigerungshaltung der Arbeitgeber kann Wolfgang Lemb nicht verstehen. „Die Arbeitgeber wären schon in der Lage, in Sachen Angleichung etwas was zu regeln. Dass sie sagen, das sei nicht machbar, ist Blödsinn. Darum ist es wichtig und vor allem notwendig, dass Ihr heute rausgegangen seid und wir damit Druck auf die Zukunftsverweigerer in Nadelstreifen machen.“

Ohne Druck werden sich die Arbeitgeber nicht bewegen, davon zeigte sich Wolfgang Lemb überzeugt. „Ich gehe davon aus, dass wir bis zum nächsten Verhandlungstermin mit den Arbeitgebern in Berlin-Brandenburg am 7. Mai weitere Aktionen durchführen müssen, um die Arbeitgeber von ihrer starren Haltung abzubringen.“

Mit dem konstruktiven Kompromissvorschlag, den die IG Metall dem VME in der Verhandlung am 27. April unterbreitet hatte, seien die Arbeitgeber überfordert gewesen, berichtete Stefanie Jahn, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Potsdam, den ZF-Kolleginnen und -Kollegen. „Darum ist es gut, dass wir bereits heute mit unserem zweiten ganztägigen Warnstreik bei ZF nachlegen und bei unserer regionalen Forderung nicht lockerlassen. Denn es ist höchste Zeit, dass wir für das Thema Angleichung in dieser Tarifrunde endlich eine Regelung finden und einen ersten Schritt vorankommen.“

Weitere Fotos und Informationen zum Warnstreik bei ZF gibt es auf der Internetseite der IG Metall Potsdam.

Nichts geht mehr! Ganztägige Warnstreiks in fünf sächsischen Betrieben

VW in Zwickau
Seit 6 Uhr in der Früh geht nichts mehr bei Volkswagen in Zwickau, zumindest hinter den Werktoren. Entschlossen haben sich die Kolleginnen und Kollegen vor dem Tor versammelt, um entschlossen und geschlossen für die Angleichung Ost zu kämpfen. Geschlossen bedeutet in der Pandemie auch schon mal, dass nicht alle Beschäftigten vor dem Werk Stellung beziehen können und dort für ihr gemeinsames Ziel zusammenstehen, sondern den ganztätigen Warnstreik aus den heimischen vier Wänden unterstützen.

Mehr Infos, Fotos und ein Video sind auf der Homepage der IG Metall Zwickau zu finden.

Porsche in Leipzig
Stillstand an den Bändern meldeten auch die Kolleginnen und Kollegen von Porsche in Leipzig. Die IG Metall hatte 4200 Beschäftigte zu ihrem zweiten ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Um 5.30 Uhr besetzten Streikposten die Tore. Aus gutem Grund: „Wir haben ein hohes Interesse daran, mit unserem regionalen Arbeitgeberverband eine Flächenlösung in Sachsen für das tarifliche Angleichungsgeld herbeizuführen“, sagte Bernd Kruppa, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Leipzig. „Bisher zeigt der Arbeitgeberverband jedoch keinerlei beziehungsweise nur wenig Bewegung. Die Arbeitgeber sind in der Pflicht, jetzt Lösungen zu unterbreiten. Ansonsten tragen sie, vor allem aber die Konzernzentralen im Westen, allein die Verantwortung für eine weitere Eskalation des Tarifkonflikts.“

Auf der Internetseite der IG Metall Leipzig gibt es weitere Fotos und Infos.

Gläserne Manufaktur in Dresden
In Dresden waren rund 370 Beschäftigte der Gläsernen Manufaktur von VW Sachsen zu ihrem zweiten ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Auch dort verbrachten die Kolleginnen und Kollegen den Tag wegen der Pandemie mit viel Abstand überwiegend zu Hause. Eine Warnstreikdelegation sorgte vor Ort für die ordnungsgemäße Durchführung des Arbeitskampfes. „Die massiven Arbeitskampfmaßnahmen haben die ostdeutschen Arbeitgeberverbände mit ihrer Verweigerungshaltung bei der Angleichungsfrage provoziert“, sagte Willi Eisele, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Dresden. „Der Versuch, das Thema arbeitsgerichtlich vom Tisch zu räumen, hat das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht. Konstruktive Lösungen können wir weiterhin am runden Tisch finden, dafür muss die Vogel-Strauss-Taktik der zuständigen Verbände aber endlich ein Ende haben“.

Mehr Fotos gibt es auf der Homepage der IG Metall Dresden.


Auch bei GKN Driveline in Zwickau und SAS Autosystemtechnik in Meerane haben die Kolleginnen und Kollegen am 28. April mit ganztägigen Warnstreiks den Druck für die Angleichung Ost erhöht.

Forderungen der IG Metall
Die IG Metall fordert ein Volumen von 4 Prozent für Entgelterhöhungen oder zur Beschäftigungssicherung. Außerdem geht es um Zukunftstarifverträge, um die Transformation zu gestalten, und tariflich verbesserte Übernahmeregeln für Ausgebildete.
Dazu fordert die IG Metall im Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen für die rund 290.000 Beschäftigten (110.000 in Berlin-Brandenburg und 180.000 in Sachsen) ein Tarifliches Angleichungsgeld, damit 30 Jahre nach der Wiedervereinigung endlich Schluss ist mit der Ungleichbehandlung der Beschäftigten in Ost und West.
„Die IG Metall hat die Forderung nach dem Tariflichen Angleichungsgeld im Rahmen ihrer Gesamtstrategie bewusst nur in Berlin-Brandenburg und Sachsen aufgestellt. Daher sind die jetzt erfolgenden Pilotübernahmen in anderen Tarifgebieten keine Referenz“, sagt Birgit Dietze, Verhandlungsführerin und Bezirksleiterin der IG Metall in Berlin-Brandenburg-Sachsen.

 

Von: tt

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