03.03.2022 | Engagierte Betriebsratsarbeit erfordert einen hohen Zeitaufwand. Das kann Aline Baumann bestätigen. Sie ist stellvertretende Betriebsratsvorsitzende bei Mahle in Wustermark. Was der Betriebsrat bei Mahle in den vergangenen Jahren an Verbesserungen für die Kolleginnen und Kollegen erreicht hat und warum ihr die Aufgabe als Betriebsrätin viel Freude bereitet, schildert Aline Baumann hier.
„Wie aufwändig und zeitintensiv Betriebsratsarbeit ist, weiß ich seit 2019. Damals wurde ich zur stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden gewählt. Ich bin zwar schon seit 2006 Mitglied des Betriebsrats, habe aber bis dahin hauptsächlich das Protokoll unserer wöchentlich stattfindenden Betriebsratssitzung geschrieben.
Ich habe auch deshalb so viel als Betriebsrätin zu tun, weil unser Betriebsratsvorsitzender David Schmidt zusätzlich noch stellvertretender Gesamtbetriebsratsvorsitzender beim Mahle-Konzern ist. Hinzu kommt noch, dass er sehr engagiert bei der IG Metall Ostbrandenburg im Ortsvorstand, in der Tarifkommission sowie als Delegierter mitwirkt. Diese Aufgaben erfordern von ihm einen sehr hohen Zeitaufwand und deshalb kann er leider oft gar nicht hier vor Ort in Wustermark sein.
Für mich bedeutet das: An mindestens drei bis vier Tagen in der Woche bin ich ausschließlich mit Betriebsratsarbeit beschäftigt. Die Tür zu unserem Betriebsratsbüro steht fast immer offen und ich bin für meine Kolleginnen und Kollegen ansprechbar. Wenn jemand ein dringendes Anliegen hat, muss meine Arbeit als Disponentin hintenanstehen. Ich habe in den vergangenen zwei Jahren während der Pandemie zwar auch manchmal von zu Hause gearbeitet, war aber die meiste Zeit hier vor Ort im Werk, um für meine Kolleginnen und Kollegen persönlich ansprechbar zu sein.
Unsere Kolleginnen und Kollegen kommen mit den unterschiedlichsten Anliegen zum Betriebsrat: beispielsweise mit Fragen zu den aktuellen Bedingungen bei der betrieblichen Altersvorsorge, bei Unklarheiten betreff ihres Zeitarbeitskontos oder bei Fragen zum Zeitplan bei der Einführung der Angleichung Ost, Weiterbildung, Urlaub, Reklamationen, Schichtwechsel, Mehrarbeit oder Unstimmigkeiten unter den Kollegen oder auch mit den Vorgesetzten. Und so weiter ... Wir sprechen unsere Kolleginnen und Kollegen auch proaktiv an, um sie über Neuigkeiten zu informieren.
Als stellvertretende Betriebsratsvorsitzende muss ich mich kontinuierlich weiterbilden, um möglichst immer auf dem neusten Stand zu sein, zum Beispiel bei Themen wie Tarifverträge und Betriebsratsverfassungsgesetz. Hierbei steht mir mein Betriebsratsvorsitzender zur Seite, da er ein absolutes Genie in Sachen Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen ist und er auch immer bereit ist, mich zu unterstützen. Ich belege Seminare bei der IG Metall, eigne mir aber auch vieles im Selbststudium an. Ich lerne als Betriebsrätin ständig dazu, was mir großen Spaß macht. Die notwendige Mitarbeit in diversen Ausschüssen trägt auch dazu bei, erfordert aber auch einen erheblichen Zeitaufwand.
Wir sind ein sehr durchsetzungsstarker Betriebsrat und haben einen großen Einfluss auf viele Entscheidungen des Unternehmens hier vor Ort. Das hat sicherlich auch mit dem sehr hohen Organisationgrad unter den Kolleginnen und Kollegen zu tun – fast alle sind Mitglied in der IG Metall. Die Geschlossenheit der Beschäftigten ist sicherlich auch ein wesentlicher Grund dafür, dass wir im Frühjahr 2021 mit der Unterstützung der IG Metall endlich die Angleichung Ost errungen haben, was die Arbeitszeit angeht. Das heißt, bei uns wird in den kommenden Jahren schrittweise die 35-Stunden-Woche eingeführt. Mit fünf Warnstreiks und drei 24-Stunden-Warnstreiks in der Tarifauseinandersetzung 2021 haben wir in ganz Brandenburg wahrscheinlich eines der eindrucksvollsten Signale überhaupt in Richtung Arbeitgeberseite gesendet. Dass die Kolleginnen und Kollegen während der Streiks stets geschlossen vor dem Werktor standen, hat sicherlich auch mit dem Engagement des Betriebsrats zu tun.
Der engagierte Einsatz des Betriebsrats wird von den Kolleginnen und Kollegen hier wertgeschätzt, das sagen sie uns auch öfter. Sie wissen, dass es ihnen im Vergleich zu vielen anderen Beschäftigten in Brandenburg gut geht und sie hier überdurchschnittlich gute Arbeitsbedingungen haben. Dafür, dass das auch in Zukunft so bleibt, setzen wir uns als Betriebsrat ein. Und klar ist auch: Besser geht immer.
Unsere Betriebsratssitzungen haben wir auch während der Pandemie in Präsenz durchgeführt, weil wir darauf großen Wert legen. Da wir bei uns am Standort gute Hygienekonzepte umgesetzt haben, war das auch recht problemlos möglich. Außerdem sind wir als 7er Gremium ja auch nicht allzu groß. Die Diskussionen und Besprechungen in Präsenz verlaufen deutlich konstruktiver und intensiver als das bei virtuellen Treffen möglich wäre.
Während der Pandemie war die Zusammenarbeit mit der Werk- und der Personalleitung meist konstruktiv: So konnten wir unseren Kolleginnen und Kollegen beispielsweise Impfangebote machen sowie stets Masken und Schnelltests zur Verfügung stellen.
Als Pumpenhersteller für Autos mit Verbrennungsmotoren stehen wir an unserem Standort in Wustermark vor großen Herausforderungen. Zwar sind die kommenden Jahre durch Aufträge ganz gut gesichert, aber wir müssen uns schon jetzt Gedanken um die Zukunft machen, wenn wir als Standort langfristig bestehen und ausreichend Arbeit haben wollen. Darum beschäftigen wir uns als Betriebsrat bereits jetzt mit der anstehenden Transformation und versuchen Ideen zu entwickeln, was wir hier in Zukunft produzieren könnten. Für die Entwicklung von neuen Ideen holen wir uns auch Unterstützung von außen, beispielsweise einer externen Beratungsfirma, die uns mit ihrer Expertise helfen kann.
Sorgen um unseren Standort müssen wir uns als Automobilzulieferer eigentlich ständig machen. Für einige Mahle-Standorte in Deutschland gibt es leider bereits Beschlüsse, diese kurz- und mittelfristig zu schließen. Trotz solcher Schwierigkeiten ist der Zusammenhalt der deutschen Standorte im Konzern durch die solidarische Arbeit des Gesamtbetriebsrates sehr gut. Von der guten Arbeit des Gesamtbetriebsrats profitieren auch wir hier in Wustermark. Der Gesamtbetriebsrat hat beispielsweise durchgesetzt, dass in Kurzarbeitsphasen während der Pandemie das Kurzarbeitergeld aufgestockt wurde. Bei uns stand die Produktion während des ersten Lockdowns ja zeitweise still. Auch bei unserem Kampf für die Durchsetzung der 35-Stunden-Woche hier im Osten hat uns der Mahle-Gesamtbetriebsrat sehr unterstützt.
Für die anstehende Betriebsratswahl haben wir 13 Kandidatinnen und Kandidaten gewinnen können. Darüber, dass es so viele sind, freuen wir uns sehr. Neben unserer IG Metall-Liste gibt es bei uns keine weitere Liste und wir sind froh, dass es eine Personenwahl sein wird.
Selbstverständlich stelle auch ich mich dieses Mal erneut zur Wahl. Mir macht es viel Freude, mich für die Interessen meiner Kolleginnen und Kollegen einzusetzen. Zumal diese ihre Dankbarkeit und ihre Wertschätzung für die Arbeit des Betriebsrats auch ausdrücklich zeigen – zumindest gelegentlich. Ich gehe von einer hohen Wahlbeteiligung bei der anstehenden Betriebsratswahl bei uns aus. Die Kolleginnen und Kollegen hier sind sich bewusst: Wer nicht wählt, bestimmt nicht mit.“