21.03.2024 | Sich für andere einzusetzen, ist für Lea Raddatz selbstverständlich. Das gehört einfach zu ihr, schon immer. „Ich kenne das gar nicht anders. Schon in der Grundschule habe ich in Freiwilligenprojekten mitgearbeitet“, erzählt sie im Interview. Egal ob in der Schule, in der Ausbildung, in der Gewerkschaft oder im Beruf – überall findet Lea Raddatz Möglichkeiten, sich aktiv einzubringen, mitzugestalten oder sich für Schwächere stark zu machen. So auch bei BMW in Berlin-Spandau. Dort ist die 26-Jährige unlängst zur ersten weiblichen Vertrauenskörperleiterin (VKL) gewählt worden.
Herzlichen Glückwunsch zur Wahl, Lea. Bei Euch in Spandau haben die Vertrauensleutewahlen schon stattgefunden. Du bist nicht nur als Vertrauensfrau wiedergewählt worden, sondern gehst jetzt auch als Vertrauenskörperleiterin voran …
Lea: … ja, in unserer konstituierenden Sitzung der BMW-Vertrauensleute wurde ich jetzt auch ganz offiziell gewählt, als erste Frau in dieser Funktion. Ganz neu ist das für mich aber nicht, ich habe das Amt ja zuvor schon kommissarisch ausgeübt.
Warum engagierst Du Dich als Vertrauensfrau und jetzt sogar führend in der VKL?
Lea: Ach, ich kenne das gar nicht anders. Ehrenamtliches soziales Engagement gehört für mich einfach dazu. Das fing schon in der Grundschule an, setzte sich dann in meiner gesamten Schulzeit fort und auch nach dem Abi. Da habe ich, bevor ich meine Ausbildung zur Verfahrensmechanikerin für Beschichtungstechnik bei BMW begonnen habe, erst mal ein freiwilliges ökologisches Jahr gemacht.
Erzähl mal von Deinen frühen sozialen Projekten.
Lea: Während meiner Schulzeit habe ich mich zum Beispiel in der Sambia AG engagiert. Das ist ein soziales Projekt, das sich dafür eingesetzt hat, dass in Sambia eine Schule und ein Jugenddorf gebaut werden konnten. Mit unserer Sambia AG haben wir dafür zum Beispiel Spendenläufe organisiert und durchgeführt.
Da war Dein gewerkschaftliches Engagement in der IG Metall eigentlich nur logische Folge …
Lea: … in jedem Fall. Ich bin direkt mit Ausbildungsbeginn in die IG Metall eingetreten, weil die genau für das steht, wofür ich mich immer schon eingesetzt habe: Solidarität, Gerechtigkeit, Menschlichkeit.
Bei bloßer Mitgliedschaft blieb es dann aber auch in der IG Metall nicht.
Lea: (lacht) Natürlich nicht. Ich bin zum Beispiel in die Jugend- und Auszubildendenvertretung gewählt worden. Dazu habe ich mich im Ortsjugendausschuss der Geschäftsstelle Berlin engagiert und im Bezirksjugendausschuss. Das sind tolle Gremien, in denen junge Menschen mitgestalten und mitbauen können an der zukünftigen Arbeitswelt, in der ja gerade wir jungen Leute noch viele Jahre vor uns haben. Da ist es doch besser, mitzuentscheiden, in welche Richtung das geht, als das hinzunehmen, was andere sich ausdenken. Außerdem bin ich aktuell auch Mitglied der Delegiertenversammlung der Geschäftsstelle Berlin.
Du bringst enorm viel Enthusiasmus mit Lea, bist leidenschaftlich engagiert. Welche Eigenschaften sollten Vertrauensleute sonst noch mitbringen?
Lea: Geduld, weil vieles sich nicht von heute auf morgen ändern lässt und oft wirklich die sprichwörtlich dicken Bretter gebohrt werden müssen. Dazu wäre auch Feingefühl von Vorteil, um sich für die Belange der unterschiedlichsten Menschen und Personengruppen stark zu machen. Und was auch unbedingt notwendig ist, ist Entschlossenheit, um sich für die Werte der IG Metall einzusetzen und diese auch durchzusetzen.
Welche Projekte packt Ihr als Vertrauensleute bei BMW in Spandau an?
Lea: Mehr Sichtbarkeit ist ein ganz zentrales Anliegen, das wir erreichen wollen. Dazu haben wir eine kleine Kampagne aufgelegt und zum Beispiel ein eigenes Logo für unsere VL-Arbeit im BMW-Werk entwickelt. Wir wollen dafür sorgen, dass die mehr als 100 Vertrauensleute, die wir im Februar gewählt haben, von unseren rund 3600 Beschäftigten in Spandau auch in allen Bereichen wahrgenommen werden. Die Kolleginnen und Kollegen sollen wissen, wen sie ansprechen können, wenn irgendwo der Schuh drückt. Wir, die IG Metall, sind für sie da. Wichtig ist aber auch, dass wir Vertrauensleute als Team zusammenstehen und funktionieren. Dafür wollen wir die Grundlagen schaffen. Wir planen zum Beispiel Qualifizierungen und wollen als teambildende Maßnahme auch wieder eine VL-Fahrt durchführen, die im Zuge der Coronapandemie eingeschlafen ist.
Und dann steht ja im Herbst auch noch die Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie auf dem Programm, in der Vertrauensleute traditionell eine immens wichtige Rolle spielen. Wie geht Ihr die Tarifrunde an?
Lea: Mit 16 Vertrauensleuten sind wir zum Beispiel bei der Aktivenkonferenz vom 23. bis 25. April in Köpenick dabei. Danach gehen wir dann in die Gespräche mit unseren Kolleginnen und Kollegen im Betrieb, um zu erfahren, welche Forderungen ihnen unter den Nägeln brennen. So gelingt es uns, ein Stimmungsbild aus allen Bereichen zu bekommen. Das brauchen die Tarifkommissionsmitglieder ja zur Forderungsfindung aus den Betrieben. Und weil wir umso mehr erreichen können, umso stärker wir in der IG Metall organisiert sind, führen wir Ansprachetage durch, um auch noch unorganisierte Kolleginnen und Kollegen für eine Mitgliedschaft in der IG Metall zu begeistern.
„Nah dran und kompetent“ – so werden Vertrauensleute immer beschrieben. Ihr scheint das Motto richtig mit Leben zu füllen …
Lea: … das versuchen wir, jeden Tag. Wir arbeiten eng mit unserem Betriebsrat zusammen. Vertrauensleute sitzen an der Quelle der Informationen, weil wir direkt mit den Kolleginnen und Kollegen in den unterschiedlichsten Bereichen eng zusammenarbeiten. Da ist es für uns viel leichter, Informationen aufzuschnappen, was die Menschen bewegt, als wenn 25 Betriebsräte rumgehen und sich umhören. Sie können ihre Ohren nicht überall haben, 100 Vertrauensleute sind da einfach zahlenmäßig schon sehr im Vorteil. Und weil wir so eng mit dem Betriebsrat zusammenarbeiten, der von den Vertrauensleuten die Infos gebündelt bekommt, ist der Betriebsrat auch immer gut im Bilde. Gemeinsam machen IG Metall, Betriebsrat und Vertrauensleute so die Arbeitswelt ein bisschen besser – jeden Tag aufs Neue.
Zur Person:
Lea Raddatz (26) ist Vertrauenskörperleiterin bei BMW in Berlin-Spandau. Dort hat sie nach Schulabschluss und einem freiwilligen ökologischen Jahr eine Ausbildung zur Verfahrensmechanikerin für Beschichtungstechnik abgeschlossen. Sie war Jugend- und Auszubildendenvertreterin und ist jetzt in erster Amtszeit Betriebsrätin. In der IG Metall hat sie eine Organisation gefunden, in der sie ihr schon zu Schulzeiten ehrenamtliches Engagement auf vielfältige Weise fortführen kann. Sie war Mitglied im Ortsjugendausschuss der IG Metall Berlin, aktiv im Bezirksjugendausschuss Berlin-Brandenburg-Sachsen und ist Mitglieder der Delegiertenversammlung der Geschäftsstelle Berlin. Anderen zu helfen und Zukunft zu gestalten, ist ihr ein Herzensanliegen.