16.04.2019 | Die ostdeutschen Tarifvertragsparteien der Metall- und Elektroindustrie haben am 15. März in Berlin und am 10. April in Radebeul Tarifgespräche zur Angleichung der Arbeitszeit in Ostdeutschland geführt. Im zweiten Gespräch haben die Arbeitgeber ihr Angebot vorgelegt. Die IG Metall hatte bereits im März tarifliche Lösungen vorgeschlagen.
Das Angebot diskutierten die Mitglieder der Tarifkommission Berlin-Brandenburg-Sachsen am 15. April in Berlin. Bemerkenswert ist die grundsätzliche Bereitschaft der Arbeitgeber, einen verlässlichen tariflichen Rahmen zur Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung im Osten – noch im 1. Halbjahr 2019 - schaffen zu wollen. Das war Tenor der Diskussion der Tarifkommission.
Eine Verlagerung der Entscheidung über die Einführung der 35-Stundenwoche bei voller Kostenkompensation auf die betriebliche Ebene ist für die IG Metall nicht akzeptabel. Dies wurde von der ostdeutschen Gesprächskommission der IG Metall einvernehmlich abgelehnt. Die bewährte Arbeitsteilung zwischen Tarifparteien und Betriebsräten muss beibehalten werden.
Die Arbeitgeber wollen einen betrieblichen Arbeitszeitkorridor zwischen 30- und 40-Wochenstunden einführen. Wir haben darauf hingewiesen, dass die Belegschaften in den vergangenen Jahren dafür gesorgt haben, dass alle eingehenden Aufträge flexibel und qualifiziert abgearbeitet wurden.
Mit dem gleichen Recht fordern die Beschäftigten aber auch mehr Verfügbarkeit und Gestaltungsmöglichkeiten für die eigene Arbeitszeit. Diese Frage wird in der Diskussion um einen Arbeitszeitkorridor zu beantworten sein.
Auch auf die von der IG Metall vorgeschlagenen zeitlichen Bandbreiten zur Umsetzung der 35-Stundenwoche in tariflich festgelegten Zeiträumen wollen sich die Arbeitgeber nicht einlassen. Ein 10-jähriger Einführungszeitraum ohne definierte Zwischenschritte birgt die Gefahr, dass sich zu viele Betriebe auf den letzten Termin festlegen würden. Deshalb stieß der Vorschlag der Arbeitgeber auf unseren heftigen Widerspruch.
Der Druck und die Diskussionen in den Betrieben müssen bleiben.
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Für den 16. Mai ist eine gemeinsame Sitzung der Tarifkommissionen der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie in Berlin geplant.
Olivier Höbel, IG Metall Bezirksleiter Berlin-Brandenburg-Sachsen:
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
die Tarifgespräche zur Arbeitszeitverkürzung innerhalb der Friedenspflicht sind ein hartes Stück Arbeit für alle Beteiligten. Das Angebot der Arbeitgeber vom 10. April ist ein schwieriges Paket, das wir noch intensiv verhandeln müssen. Dennoch ist es ein erster Schritt in die richtige Richtung. Das war die einhellige Auffassung sowohl der Gesprächs- und Hintergrundkommission als auch unserer Tarifkommission.
Zu lösen sind jetzt schwierige Aufgaben. Die Arbeitgeber haben vor, die Entscheidung über die Umsetzung der Arbeitszeitverkürzung bei voller Kostenkompensation auf die Ebene der Betriebsräte zu verlagern. Das ist für uns nicht akzeptabel. Unser Bandbreitenmodell stellt sicher, dass die Arbeitszeitverkürzung nicht bis zum allerletzten Moment aufgeschoben wird. Diese Frage muss gelöst werden. Die Arbeitszeitverkürzung muss real bei den Beschäftigten ankommen.
Vor uns liegt jetzt ein weiterer intensiver Arbeits- und Verhandlungsprozess. Dazu haben wir Verabredungen mit den Arbeitgebern getroffen. Am 3. Mai findet das dritte Tarifgespräch statt.
In den letzten Wochen haben die Arbeitgeber die Erfahrung gemacht, dass die Belegschaften sehr aktiv ihren Willen zur 35-Stundenwoche zeigen. Auch wenn sie uns auffordern, dies zu unterlassen: Dem werden wir nicht folgen. Denn die Belegschaften sind Teil der Verhandlungen. Dies gilt auch in der tariflichen Friedenspflicht. Der „Rote Mittwoch“ im BMW-Werk in Leipzig ist ein gutes Beispiel.
Deshalb haben Gesprächs- und Hintergrundkommission eine betriebliche Aktionswoche vom 6. bis 10. Mai verabredet.