02.05.2020 | Wie in vielen anderen Werken der Branche musste auch im Stahlwerk ArcelorMittal in Eisenhüttenstadt die Produktion infolge der Corona-Krise heruntergefahren werden. Das hat zwangsläufig Folgen für die Belegschaft. Rund 80 Prozent der insgesamt etwa 2700 Beschäftigten sind mittlerweile in Kurzarbeit. Dank des starken Betriebsrats sind die damit verbundenen Einkommenseinbußen jedoch vergleichsweise moderat. Betriebsratsvorsitzender Dirk Vogeler erläutert, wo und wie der Betriebsrat in den vergangenen Wochen gefordert war.
„Vom vielen Telefonieren in den vergangenen Wochen habe ich regelrecht glühende Ohren. Auch mein Bedarf nach Videokonferenzen ist mittlerweile eigentlich mehr als gestillt. Aber es geht halt zurzeit nicht anders. Viele Kolleginnen und Kollegen sind in dieser Situation verunsichert und haben zahlreiche Fragen zu Kinderbetreuung, Kurzarbeit und Gesundheitsschutz, bei denen wir als Betriebsrat so gut wie möglich weiterhelfen möchten.
Glücklicherweise hatten wir schon vor der Corona-Krise – Anfang dieses Jahres – eine Betriebsvereinbarung für den Fall von möglicher Kurzarbeit mit der Geschäftsführung ausgehandelt. So mussten wir diese Vereinbarung nur noch in einzelnen Punkten präzisieren und ergänzen. Die Kolleginnen und Kollegen, die in Kurzarbeit gehen müssen, erhalten bei uns eine Aufstockung auf etwa 90 Prozent ihres Nettoentgelts.
Für Kolleginnen und Kollegen, die wegen der Schul- und Kitaschließungen zuhause dringend ihre Kinder betreuen müssen, haben wir bereits vor der Einführung der Kurzarbeit ab dem 19. März bezahlte Freistellungen aushandeln können. Glücklicherweise pflegen Betriebsrat und Arbeitgeber hier seit Längerem eine vernünftige Gesprächskultur miteinander. Bei Beginn der Kurzarbeit wurden Eltern mit kleinen Kindern und Kollegen, die Pflegebedürftige versorgen müssen, als erste berücksichtigt. Es ist abzusehen, dass wir auch im Mai kurzarbeiten müssen. Zur Information der Beschäftigten mit aktuellen Neuigkeiten sind wir über die betriebliche Intranetseite als Betriebsrat präsent.
Der Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz spielt für uns momentan eine sehr große Rolle. Wo es geht, versuchen wir den Schutz der Kolleginnen und Kollegen zu verbessern. Wir als Betriebsrat sind dabei die treibende Kraft. Wo Anlagen bedient und instand gehalten werden müssen, versuchen wir die Zahl der Kolleginnen und Kollegen maximal auszudünnen und auf die technisch notwendige Besetzung zu beschränken.
Die Büroangestellten, für die es möglich ist, arbeiten mobil von zuhause aus. Für die Büroangestellten, die vor Ort sein müssen, versuchen wir zu organisieren, dass sie alleine in einem Büro arbeiten können. Auch haben wir die Reinigungszyklen in den Gebäuden erhöht. Beratungen und Besprechungen finden in der Regel über Telefon- oder Videokonferenzen statt. Sämtliche Dienstreisen haben wir abgesagt. In unserer Kantine ist der Speisesaal geschlossen. Dort kann nur noch ein warmes Gericht oder ein Imbiss gekauft werden. Die Beschäftigten werden über einen Pausenwagen mit dem Notwendigsten versorgt.
An Tor 1 und Tor 7 wird bei allen Kolleginnen und Kollegen mit einem Thermoscan die Temperatur gemessen, bevor sie das Betriebsgelände betreten. An Tor 7, wo Ware abgeholt wird, stellen wir für die Lkw-Fahrer, die von außen kommen, Wasch- und Duschmöglichkeiten zur Verfügung. Auch Masken und Schutzkleidung halten wir dort für sie bereit. Allerdings ist die Versorgungslage mit ausreichend Schutz- und Hilfsmittel bekanntermaßen schwierig.
Rund anderthalb Dutzend Beschäftigte, die aus Risikogebieten aus dem Urlaub zurückkamen, mussten danach sicherheitshalber erst einmal 14 Tage in betriebliche Quarantäne. Auch das Gesundheitsamt hat einige Beschäftigte wegen des Verdachts einer Infektion in Quarantäne geschickt. Einzelne Infektionsfälle hatten wir in den vergangenen Wochen, zurzeit ist aber kein neuer Fall bekannt.
Unsere Betriebsratssitzungen sind zurzeit noch Präsenzveranstaltungen. Damit wir ausreichend Abstand voneinander halten können, finden diese Treffen zurzeit im großen Konferenzbereich unseres Betriebs statt. Bei diesen Sitzungen ist oft auch Holger Wachsmann dabei, der Erste Bevollmächtigte IG Metall-Geschäftsstelle Ostbrandenburg, um ständig auf dem neusten Stand zu sein. Die Zusammenarbeit und der Austausch mit der Geschäftsstelle sind auch in diesen schwierigen Zeiten sehr gut. Die Geschäftsstelle versorgt uns kontinuierlich mit den neusten Informationen. Der Kontakt ist sehr eng, die gegenseitige Rückkopplung funktioniert gut.
Solch schwere Zeiten wie jetzt bringen alle zum Nachdenken. Ich hoffe, wir können viele der positiven Errungenschaften, die wir jetzt durchgesetzt haben, auch nach dem Ende der Krise beibehalten.“
Weitere Informationen auf www.igmetall-ostbrandenburg.de